Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

22 zwar vor allem deswegen, weil sie infolge ihrer Bauart den Eindruck erweckt, als würde man in freier Natur, oder dock zum mindesten in einem schönen Schlo߬ weiher baden, ist sie doch von zwei Seiten mit stimmungsvollen Baumbeständen um¬ rahmt und die malerische Gruppe in der Mitte des Bassins, wo ehedem ein Spring¬ brunnen seine Wasserperlen zur Sonn schleuderte, vollendet das liebliche Bild. Die schönen Tage der entschwundenen Jugend werden wieder lebendig, wenn ich im Geiste all die unzähligen froher Stunden schaue, die wir in der Schwimm¬ schule verlebten, und ich würde den mir angemessenen Raum weit überschreiten wolte ich nur die Hälfte all des Lustigen hiehersetzen. Nur ein wenig laßt mich wühlen in diesen seligen Erinnerungen Ich sehe ihn noch, den riesenhaft gewach¬ senen Generaldirektor Josef Werndl, wie er eine Handvoll „Sechserl“ ins Bassir schleuderte und die Buben wie aufge¬ scheuchte Frösche ins Wasser hüpften, um sich tauchend darum zu raufen, was sein unbändiges dröhnendes Lachen erregte. Oder wie wir uns in den schönen Park hinter der Schimmschule stahlen, um in den vielen kleinen Teichen die Fischzucht zu bewundern und insbesonders die großen weißen Damhirsche zu füttern, die aus der Hand fraßen. Solche Ereignisse prägen sich dem Kindergemüt unaus¬ löschlich ein und oft sprechen wir wenigen aus der damaligen Zeit Uebriggebliebenen davon, wenn wir, wie einst, nunmehr all¬ ährlich seit 37 Jahren, auf den heißen Brettern liegen, uns sonnen wie Nil¬ krokodile und nur hie und da, so wie diese, einen abkühlenden Sprung ins Wasser kun von der „Froschstiege“ oder „Hauptstiege“ oder gar, wenn es gut geht, vom „Trampulin“ Daß in Steyr ein so großer Prozentsatz der Bevölkerung im Schwimmen, Sprin¬ gen und Tauchen geübt ist, verdanken wir dem glücklichen Umstande, daß in der Steyrer Schwimmschule seit jeher ungemein tüchtige Schwimmeister nach einer ausgezeichneten Unterrichtsmethode den Schwimmunterricht erteilten.*) Den Höhepunkt, sozusagen das gol¬ dene Zeitalter, erreichte die Schwimm¬ schule während der Tätigkeit des Schwim¬ meisters Ludwig Brameshuber (1883 bis 1908), an den sich wohl alle seine Schüler mit größter Freude erinnern. Was war das für ein Leben in den letzten Jahren des vergangenen und in den ersten des gegenwärtigen Jahrhunderts! Schon beim Eintritt begann die Heiterkeit, denn der Kassier mit dem edlen Namen Du¬ chatschek begrüßte uns schon mit den vielsagenden Worten: „Hab' ich Durst! Dann empfing uns die Frau Schwim¬ meisterin, eine schneidige, ehemalige Ischler Sennerin, die mit den schlimmen Buben und Mädeln gar manchen harten Strauß auszufechten hatte, ihnen gar oft ein zor¬ niges „Du Rabas“ (Rabenaas) nachrief, sie wohl auch gar mit dem Besen in der Hand bis aufs „Höchste“ verfolgte, von wo die Schlimmen „per Fuß“ oder „per Kopf“ ins Wasser sprangen und die Verfolgerin allein oben stand. Sie hatte aber dennoch das Herz am rechten Fleck und war gleich wieder durch ein freundliches Wort versöhnt — die Güte selbst. Schwim¬ meister Brameshuber, aus Abtenau in Salzburg, war eine durch und durch kern¬ deutsche, stramme Soldatennatur und hatte infolge seiner Barttracht mit dem alten Kaiser viel Aehnlichkeik. Er war mit erstaunlicher Lungenkraft gesegnet und chon von weitem hörte man seine Stegreif¬ prüche, mit denen er seine Schwimm¬ schüler beim Lektiongeben ermunterte: „Schwimm hinaus in die hohe See! Daß d’ untergehst, dös wiss'n ma ehl, dröhnte sein heiterer Baß. Ein Ereignis ersten Ranges war jedesmal der „Freispruch“, das heißt, wenn ein Schwimmschüler die Frei¬ probe abgelegt hatte und mit dem Spruche: „Schau g’rad aus und halt' di still Wia's Gott Neptun haben will Hiatz bist frei, wia d' Fisch' inGrund: Durch das Schwimma wirst erst g’sund. Frisch drauf los, is wo a G'fahr, Ziagst'n aussa bei dö Haar Dös is ön Löb'n dein schönsta Tag Und drum kriagst hiatzt ön Rittaschlag! 9 Die Schwimmeister der neuen Schwimmschule waren: Forster Josef von 1874 bis 1883, Brameshuber Ludwig von 1883 bis 1908, Eisner Josef seit 1908,

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