Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

2 eigenartige, geheimnisvolle Raunen und Rauschen, den Tönen eines fernen Wasser¬ falles ähnlich, erhebt sich. „Sie lacht mich noch allweil aus meint der Sepp, „z'erst hats mich hin¬ g’haut, wia a kleins Scheitel Holz und etzt lachts noch darüber, die verdammte alteFeichtn, herts ihrs denn nöt?“ „Ah so glaubst“, sagte einer. „Is ja morg'n ah no a Tag, da wirst 's wohl umschmeißen die bockboanige Alte. Gehts Leutln, singen wir wieder einmal was!“ Und während Sepp in die flackernden Feuerzungen stiert, klingt einer jener alten Jodler durch den kleinen, traulichen Hütten¬ raum, wie sie nur die Söhne des Heimat¬ bodens singen können, Lieder ohne Worte und doch inhalts= und gemütsreicher wie die verkünstelten Dinge dort unten in den steinernen Meeren, die sie Städte heißen. Immer stärker tobt der Nachtwind durch den Wald, aber immer heller und höher wie Metall klingt der „Ueberschlager“ und verschlingt die zornigen Töne des Windes. „Ja, ja, das is derselbige Jodler den i vor fünf Jahr g’sunga hab, wei — weg von da und seidem nimmer seit¬ dem nimmer. Das is ganz a b’sundere G'schicht. „Eigentli' könntst uns dö G'schicht heut verzähl'n!“ meint der Jüngste. „Gar nöt gern“ meint Sepp, „aber weil i mir heut amal Luft machen muß so sollts es hern. Es hat vor fünf Jahr'n gar koan lustigern Holzknecht göbn als wia i. All's hab i g’habt, a liab's Häusl, a Geldl dazua und d'Seff, dö i im selb'n Jahr noh heirak'n woll'n hab. Da is der Kriag dazwisch'n kemma und i hab ah mit müass'n, eint ins liabe Tiroler¬ landl, hoch aufi, höher aufi wia unsernö höchsten Holzschläg in Landl. D'Seff hat mir im ersten Jahr fleißi oan Karten um die ander g'schrieb'n, aber nach und nach sans weniger worn und auf oanmal hams ganz aufg’hert. Das hab i mir nöt denken mög'n, was die Ursach is. I hab g'schrieb'n und g'schrieb'n und hab koan Antwort kriagt. „Falsches Weibsbild übereinander“ meinte einer von den dreien. Das Feuer ist inzwischen nieder¬ gebrannt, nur ein Haufen dunkelroter Glut liegt auf dem Herdstein, wärmt die vier Männer der Arbeit und spendet Licht genug für die genügsamen Menschen des Waldes. „Da kimmt amal ein Urlauber z'ruck“ fährt Hans mit steigender Erregung in der Stimme fort „und erzählt mir, daß meine Seff mit dem schwarzen Müllner¬ ranzl geht. —— Denselbig'n Tag bin iallweil aus'n Schützengrab'n aussi¬ g'stieg'n, die Feind ham g’schoss'n, was Platz hat, aber nöt aon Kugel war ür mi! In der Hütte hörte man keinen Laut, selbst der Sturm im Walde hielt den Atem an. Der Sepp lachte auf einmal laut auf und erzählte weiter: „Es werden drei Wochen so vergangen sein, i glaub es war an an Montag, da schau i zu die Feind mit'n Gucka umi, den ma da Feldwebel g'lieh'n hat und schau und schau, da steigt aus'n feindlich'n Grab'n oana ausser bis auf d'halbe Mitt' und dös war der schwarze Müllnerfranzl! I hab mirs nöt denken mög'n, wia der auf die andere Seil'n kimmt und woaß heut noh nöt, wahrscheinli is der schäbige Kerl überg'loff'n. — I reiß mein' Latin aufi, da denk i mir auf oanmal, na, den derfst nöt derschiaß'n und setzt's G’wehr wieder ab.“ „Warum schießen Sie nicht, Unter¬ jägerFelsinger?“ brüllt mich der Leut¬ nant an, der g’rad hinter meiner g'stan¬ den is. „Herr Leutnant, hab i g'sagt, das is mein persönlicher Feind, a über¬ g'laf'ner Schulkamerad!“ „Umsomehr gehört er zum Teufel der Schweinehund“ brüllt der Leutnant wieder und will mir d’Latt'n wegreiß'n. „Der g’hert mir alloan, Herr Leut¬ nant, aber erst dann, wann er sich einmal wehren kann, dann wolln mir zwei unser Sach austrag'n; hab i g'sagt.

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