Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1925

Sepp, der Holzknecht. Von Prof. G. Goldbacher, Steyr. Als wollte sie sagen: „Was treibtWald, weitab von Unruh und Unfried der Menschen. ihr Menschenzwerge an meinem Leibe, ihr seid ja doch ohnmächtige Wichte gegen Der Wiederschein des Feuers leuchtet ) mich, die Riesin der Wälder!“ so stehtauf den jungen Gesichtern, die „Nocken“ sie da, die hundertjährige Fichte wie aus brodeln im berußten Topf, die Pfeifen Erz gegossen und lacht des Schweißes, qualmen um die Wette, nur Sepp hockt der über die braunen Wangen des baum¬ mürrisch in der Hüttenecke und brummt langen und gegen sie doch so winzigen unzusammenhängende Worte. Holzknechtes in hellen Tropfen herab¬ „Was hast denn heut?“ meint einer rinnt. von den dreien. „Er spinnt halt wieder Schon die zweite Säge hat sie kalt¬ einmal“, sagte der zweite. Dann rauchen lächelnd vernichtet und jetzt sagt der Sepp¬ wieder die Pfeifen, die Funken stieben „Wark' du Alte, jetzt sollst mich kennen empor und verglimmen, langsam brennt lernen!“ Er holt aus der nahen Lanft¬ das Feuer nieder. Sepp steht auf, legt hütte!) seinen mächtigen Sapel?) und seineein Scheit in die Glut, rückt die Nocken braunen, sehnigen Arme führen Hieb umweg, siebt sie durch und legt sie in eine Hieb in das zähe Fleisch. lache Pfanne mit Schmalz, die er in Abend wirds, am gegenüberliegenden einemKochgackt) über das Feuer stellt. Buchenwald flammt das Rot des Herbst¬ „Wann der Mensch am schlechtern laubes in der scheidenden Sonne und aufglegt is, dann soll er sich Luft machen, spiegelt sich mit seltsamen Farben in denhat mein Ahnl allweil gsagt zu mir“ klaren Tümpeln des Bergbaches. Der un¬ agt plößzlich der Sepp. Die drei nehmen gleiche Kampf ist für heute zu Ende¬ vor Erstaunen ihre Pfeifen aus dem Sepp führt in der zunehmenden Dämmer¬ Mund, denn soviel auf einmal hat Sepp ung noch einen mächtigen Hieb, gleitetnoch nie gesprochen. ab und liegt urplößlich der Unbesiegten Die Nocken haben schon goldbraune zu Füßen, scheltend und fluchend. Ränder bekommen, weshalb sie der Sepp Wie ein Lächeln ist es fast, das durch seinen Kameraden vorsetzt. Und nun ist die breiten Fichtenäste zittert, als Sepp es wieder eine Weile still, nur die E߬ den Sapel schultert und brummend inlaute sind zu hören. der Lanfthütte verschwindet. Dann beginnt Sepp fein säuberlich „Gute Nacht“ schreit ihm der Häher die Reinigung des Geschirres und sagt. krächzend nach, der unterhalb des luf¬ als wollte er nur selbst gehört sein: „Leutl, Wipfels seine Wohnung hat. tigen das ist ganz aus der Weis'! So wie heut In der Lanfthütte, die um und umbin ich noch nie aus'n Waldschlag fort¬ mit harzdurftenden Rinden bedeckt ist, gangen. Sie hat net sterben wolln!“ sitzen die vier Holzknechte um den offenen „Wer hat nöt sterben wolln?“ schreien Herd, lustig prasselt das Feuer und eine alle drei wie aus einem Munde. seltsame, blaue Rauchschlange steigt em¬ Da rüttelt der Nachtwind, der sich por, abenteuerliche Schleierbilder webendauf einmal erhoben hat, an der Hütte mitten im dämmernden schweigendenund die Stimme des Waldes, jenes 1) Rindenhütke. — 2) Holzaxt. — 3) Eine beliebte Holzknechtspeise. — 4) Vorrichtung zum Kochen 1

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