Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1924

40 dinger dem Herrn Krautgartner, und der wieder dem anderen aus. „Na,“ schreit der Herr Lindinger eines Tages — „das is nimmer zum Aushalten neben derer Bagasch, den Krautgartnerischen Hungerleidern. Jetzt geh'iund such' mir an anders Quartier. Auf der Hausflur nämlich sind die beiden feindlichen Eheweiber überein¬ ander gekommen und haben dabei tüch¬ tig gearbeitet— mit Füßen, Fäusten, Nägeln und Zähnen. Diesmal ist's also dem Herrn Lin¬ dinger ganz zu viel geworden und stracks ist er in die Postgasse gelaufen und hat eine leere Wohnung gemietet. Aber auch dem Herrn Krautgartner hat von dem Tage an das Schönste nimmer gefallen und ein Vierteljahr darauf ist auch er ausgezogen. Die Zeit wär eigentlich erst am Frei¬ tag aus gewesen, aber weil die Frau Krautgartner den Freitag für einen Un¬ glückstag haltet, so sind sie halt schon den Tag vorher übersiedelt. Die Lindingerischen haben wieder auf den Freitag gar nichts gehalten und sind also einen Tag später wie die Krautgartnerischen übersiedelt — nd¬ türlich in die Postgasse. Der Möbelwagen haltet an, die beiden Eheleute mühen sich redlich ab, die ganze Sache hinaufzubringen in den ersten Stock. Während nun die Frau Lindinger gerade mit einem Sessel auf die obersten Stufen hinaufkeucht, öffnet sich die Tür, hinter der ihre neuen Nachbarsleute wohnen. Neugierig schaut sie sich genau um, damit sie ja die Frau Nachbarin gut sieht. — Aber ein Blick ein Schrei und polternd fällt ihr der Sessel über die Stiege hinunter. Nur mit Mühe kann sie sich selbst erhalten. Aber auch die Nachbarin hat einen gleichen Schrei ausgestoßen und flugs ist sie hinter der Tür wieder verschwun¬ den, die sie dann versperrt und ver¬ riegelt hat. Ganz erbleicht fand Herr Lindinger seine bessere Ehehälfte auf der obersten Stufe sitzend, während zu unterst der Stiege ein dreibeiniger Sessel sich von dem Sturze und der Verletzung erholte. Geängstigt fragt er sie, was ihr denn untergekommen ist. Lang bringt er nichts heraus aus ihr als einen Deuter — mit der Hand nach der Tur hin, wo die Nachbarn wohnen. Endlich stöhnt sie mehr als sie es sagt: „Die Krautgartnerischen san unsere — neuen Nachbarn „Bomben und Granaten —“ fährt es dem Manne aus dem Munde „jetzt sand wir schon wieder beisam¬ men. Nu höher gehts nimma — du, Alte, da g’freu di wieder!“ Wie trüb aber auch die Aussichten waren, so ist doch alles gut abgelaufen. Der Herr Lindinger und der Herr Krautgartner haben sich's überlegt, ob's nicht ein Fingerzeig Gottes ist, daß er sie wieder zusammengeführt hat. Und so haben sie mitsammen Frieden geschlossen und auf ihren Befehl hin auch die Weiber. Dicke Freundinnen sinds zwar nicht geworden, die zwei — aber sie haben sich doch weit besser ver¬ tragen in der Postgasse als wie in der Grüngasse.

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