Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1924

„Ich hab' ihn erstochen, weil er nicht gewollt hat, was ich gewollt hab'.“ Endlich sahen die Nachbarn das Ver¬ gebliche ihrer Bemühungen ein und kehrten zu den verlassenen Lagerstätten zurück, indem sie sich mit der Hoffnung „ trösteten, der Maxl werde sich über Nacht doch wohl besinnen. Am anderen Morgen hieß es in ganz Blasldorf, der Tinterer Maxl habe seinen Reisegefähr¬ ten in einem Anfall von Wahnsinn er¬ stochen und hätte bald auch seine Frau umgebracht. In allen Häusern redete man davon und prophezeite dem Maxl schreckliche Dinge. Herr Adam Tüpfel aber, der ehrsame Gemeinde= und Polizeidiener von Blasl¬ dorf, fuhr in seinen Rock und stieg mit ernster Miene auf den Tinterer Hof zu, gerade als Maxl im Begriffe war, auf das Feld zu gehen. In gemessener Ent¬ denn mit Geisteskranken ist fernung — nicht zu spassen — begann er das Ver¬ hör mit dem Verbrecher und zu seiner großen Freude gestand der Maxl alles ein, nur nicht den Mordanfall auf seine Frau und folgte dem Polizeidiener Der willig zum Gemeindevorsteher. stellte sofort ein scharfes Verhör an und ließ das Ergebnis folgendermaßen niederschreiben: „Der Bauer Maximilian Tinterer ist mit seinem Reisegefährten, einem Ober¬ mundiger von mittlerer Statur, blon¬ dem Haar und kleinen grauen Augen in Meinungsverschiedenheiten geraten und hat ihn erstochen und dann ver¬ scharrt.“ Auf die Frage, ob der Verbrecher die Stelle angeben wolle, wo die haar¬ sträubende Tat geschehen sei, erwiderte dieser gemütlich: „Warum denn nicht?!“ Sogleich begaben sich der Vorsteher, der Gemeindeschreiber, zwei Gemeinde¬ räte nebst Herrn Adam Tüpfel und dem Verbrecher aus dem Dorfe an den Ort der ruchlosen Tat. „ Im Walde angekommen fuhrte Maxl die Kommission in das Gebüsch und zeigte auf einen Haufen Gestrüpp, worauf der Vorsteher mit etwas un¬ 27 sicherer Stimme sagte: „Tüpfel, tun sie ihre Pflicht!“ Mit Todesverachtung trat der wackere Mann näher und begann das Gestrüpp ein wurde Bald wegzuräumen. Schweinsfuß sichtbar. Der Vorsteher rieb ich die Nase und brummte: „Hm, hm! Der Schreiber bückte sich ein wenig und brummte ebenfalls: „Hm, hm! Die Herren Räte rückten näher. Aber als nun bald der Körper eines richtigen fetten Schweines zum Vorschein kam, prallte der Vorsteher zurück und rief ragend: „Ein Schwein?!“ Herr Adam Tüpfel legte seinen Stockknopf an das Kinn und bestätigte: — ein „Wie die Herren bemerken Schwein! Der Maxl aber stand mit der un¬ chuldigsten Miene von der Welt vor der verblüfften Gesellschaft; nur um seine Mundwinkel spielte ein spöttisches Lächeln. Jetzt fuhr aber der Vorsteher los: „Unerhörte Frechheit! Verhöhnung der Amtswürde! Tinterer, das soll dir teuer zu stehen kommen!“ zu Übrigens war nichts anderes machen, als nach Blasldorf zurückzu¬ gehen, wobei das tote Schwein als Be¬ weismittel für die Klage mitgenommen wurde. Die halbe Einwohnerschaft empfing die Zurückkommenden und brach in ein helles Gelächter aus, als sie Herrn Tüpfel statt einer mensch¬ lichen Leiche das tote Sckwein auf einem Radlbock daherführen sahen. Maxl aber winkte den Leuten freundlich zu. Der Vorsteher war wütend auf ihn, aber was war zu machen? Ruhig erwiderte der Maxl auf alle Vorwürfe: „Ich habe nicht gesagt, daß der Erstochene ein Mensch ist.“ Der Vorsteher schickte einen langen Bericht über die Sache an das Bezirks¬ gericht und beantragte strenge Bestra¬ fung des Übeltäters: 100.000 Kronen Strafe und vier Wochen Gefängnis bei Wasser und Brot wäre nicht zu viel, meinte er bei sich. Aber auch hier kam

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