18 „Wie hattest du dies tun können, Paul! du, ein Croßland, der Sohn unseres teuren, hochgesinnten Vaters? O Paul!“ rief das junge Mädchen, „es ist entsetzlich, ich kann es kaum glauben daß du dich einer Fälschung schul¬ dig machtest! „Unsinn, Milly,“ versetzte Paul, eifrig bemüht, eine gleichgültige Miene anzu¬ nehmen, obschon die Verzweiflung der jungen Schwester sichtlich großen Ein¬ druck auf ihn machte. „Es ist gerade so gut, als ob ich mir einen Teil des Gel¬ des geborgt hätte, daß der alte Newton beiseite legt, aber wohl niemals nötig hat, ebenso wie sein Krösus von Sohn? Was sind diesen Reichen armselige fünfzig Pfund! Ich hatte ja auch die feste Absicht, die Summe zurückzuzahlen, wenn nur dieser langweilige Bursche nicht heimgekommen wäre. Warum blieb er nicht drüben bei seinen Rupien; was braucht er die Geschäfte seines Vaters ausspionieren?“ „Aber wie hättest du das Geld zu¬ rückzahlen können, Paul? Du weißt, wir können keinen Pfennig von deinem Ge¬ halt entbehren, wenn wir fortfahren sollen, bescheiden, aber anständig zu leben. „Gewiß; aber wenn ich beim Spiel so viel verlieren kann, habe ich auch Aussichten, einmal so viel zu gewinnen.“ „O Paul!“ rief Milly mit einem Schreckensschrei, „willst du damit sagen, daß du ein Spieler geworden? Dann ind wir ruiniert!“ „Sprich nicht solchen Unsinn, Milly, sondern denke vernünftig darüber nach, wie wir uns die erforderliche Summe verschaffen können. Bin ich nur einmal diese Schulden los, so will ich nie wieder eine Karte berühren.“ Milly lächelte unter Tränen. „Ist dies ein Versprechen, Paul?“ fragte sie. „Willst du mir dein Ehren¬ wort geben, daß du dich nie wieder zum Spiel verleiten lässest, wenn ich dir helfe, dich aus dieser Klemme zu ziehen?“ Paul glaubte, daß Milly plötzlich die Möglichkeit einer Tilgung der Schuld vor sich sehe und diese Aussicht war ihm eine solche Erleichterung, daß er be¬ reitwillig das verlangte Versprechen gab. Aber darum war es Milly vorder¬ hand allein zu tun gewesen; sie hatte noch nicht die entfernteste Idee eines Ausweges aus diesem Dilemma. Noch lange, nachdem Paul sie ver¬ lassen, um seiner täglichen Beschäfti¬ gung nachzugehen, saß sie sinnend und grübelnd, sie betete zum Himmel um Er¬ leuchtung und plötzlich kam ihr ein Ge¬ danke, so wild, so romantisch, daß sie ihn anfangs selbst zurückwies. Aber er kehrte wieder und wieder und bald chien es ihr nicht mehr so unausführ¬ bar, den jungen Herrn Robert aufzu¬ suchen — der alte Herr war zu krank um Besuche zu empfangen —ihm Pauls Vergehen offen zu bekennen und um Nachsicht zu bitten, bis es ihr und Paul gelungen, aus ihren Ersparnissen die Schuld zu tilgen. Sie dachte sich den Anglo=Indier als einen graubärti¬ gen Mann in mittleren Jahren; er mochte wohl schon fünfzig zählen, denn sein Vater war ein hoher Siebziger. Daß er sehr reich, dabei aber streng und unnachsichtig war, wußte sie aus Pauls Schilderung. Milly konnte den ganzen Tag an nichts anderes denken, als an die selbst¬ gestellte Aufgabe, die sie um Pauls willen zu lösen gedachte. Während sie ihren talentlosen Schülerinnen die An¬ fangsgründe der Musik beibrachte, malte sie sich Pauls Entzücken aus, wenn er durch sie aus der Verlegenheit er¬ rettet würde. Paul hatte keinen schlim¬ men Charakter, es mangelte ihm nur an der nötigen Festigkeit, den Verlockungen seiner leichtfertigen Genossen zu wider¬ tehen. Diese ernste Lektion würde ihm icher eine Abneigung gegen jene Gesell¬ schaft beibringen, vielleicht konnte sie ihm sogar das Versprechen ablocken, sich gänzlich davon zurückzuziehen. „O, wie wollen wir arbeiten, um
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