Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1924

Wie Paul's Schuld bezahlt wurde. Nach dem Englischen von Klara Rheinau. (Nachdruck verboten.) „O Paul, Paul, wie konntest du so und mit dem verstorbenen Herrn Cro߬ etwas tun!“ Die Sprecherin, ein blei¬ land sehr befreundet gewesen. Aus ches, schwächlich aussehendes junges Anhänglichkeit an den Vater haupt¬ Mädchen rang verzweiflungsvoll die sächlich hatte er dem jungen Paul den Hände, während reichliche Tränen über Posten auf seinem Büro übertragen ihre Wangen liefen. und glaubte in der Ehrenhaftigkeit Paul Croßland, ein schöner, aber wie seines alten Freundes gewissermaßen es schien, etwas ausschweifender Jüng¬ eine Garantie für die des Sohnes zu ling von etwa 22 Jahren, mit kecken haben. Allein er hatte sich bitter ge¬ schwarzen Augen und dunkellockigem täuscht. Haare, blickte trotzig, aber doch ein wenig Von Gläubigern gedrängt, verfiel beschämt auf die Schwester. Paul Croßland auf den unseligen Ge¬ „Wer hätte ahnen können, daß er danken, die Unterschrift seines Prinzi¬ nach Hause kommt und den Dingen so pals zu fälschen, um in den Besitz der auf den Grund gehe, wie es jetzt ge¬ ihm fehlenden Summe zu gelangen. schehen soll! Ich sage dir, Milly, wenn Der alte Herr war wegen seines leiden¬ der alte Herr die Augen geschlossen hat, den Zustandes nur selten imstande, das bin ich keinen Tag mehr vor der Ent¬ Büro zu besuchen, und so hoffte Paul, deckung sicher. Etwas muß geschehen, daß sein Vergehen unentdeckt bleiben aber was? Mir wird nichts anderes werde. Einige Monate gelang es ihm übrig bleiben, als auszutunken, was ich wirklich, sein Geheimnis zu bewahren. mir eingebrockt habe, aber was soll Aber dann schöpfte Herr Newton plötz¬ denn aus dir werden?“ lich Verdacht, daß auf dem Büro nicht alles sei, wie es sein sollte und er Diese Frage war schwer zu beantwor¬ schrieb deshalb an seinen Sohn in In¬ ten. Das geringe Honorar, welches dien mit der dringenden Bitte, doch nach für erteilte Musikstunden bezog, Milly Hause zurückzukehren. Das Resultat des reichte kaum zur Bestreitung ihrer ei¬ Briefes war, daß Robert Newton sich 25bescheidenen Bedürfnisse und genen unverzüglich auf den Heimweg machte, Pauls Gehalt war das einzige feste um die Leitung des ausgedehnten Einkommen der Geschwister, seitdemder väterlichen Handelsgeschäftes zu über¬ Tod ihres Vaters sie in Elend und Ar¬ nehmen. mut gestürzt. Die zwei Pfund wöchent¬ Bald hatte sich das Gerücht verbrei¬ lich genügten aber gerade nur, um in tet, daß der junge Newton ein wahrer einer düsteren Vorstadt Londons in Nabob sei und nach dem Tode seines dürftig möbliertem Zimmer armselig Vaters das Geschäft nicht weiterführen ihr Leben zu fvisten und Paul fand werde. Wie dem nun auch sein mochte, diese Lebensweise bald genug unerträg¬ so merkten die Angestellten des Hauses lich. Er geriet in die Gesellschaft lusti¬ Newton doch gar bald, daß es unter ger Altersgenossen, was natürlich ver¬ strengerer Aufsicht stand als seit vielen mehrte Ausgaben zur Folge hatte. Um Jahren und es war hauptsächlich die diese zu decken, stürzte der leichtsinnige Wahrscheinlichkeit einer Entdeckung, die Jüngling sich in Schulden, und als seiner Paul Croßland veranlaßte, seine Verbindlichkeiten allzu dringend Schwester ein Bekenntnis seiner Schuld wurden, unterlag er den Einflüsterun¬ abzulegen. Milly war außer sich vor gen des Bösen. Scham und Betrübnis. Pauls Prinzipal war ein alter Herr 2

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