Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1924

infolge seiner Dicke an Beklemmungen und Atemnot. Da sag' ich zu ihm: „Simon, wenn dir meine Freundschaft was gilt, so gehst du heute noch zum Doktor und läßt dir eine Entfettungskur anordnen!“ Als ich lang genug in ihn hineingeredet hatte, tut er mir's zulieb und geht. Der Doktor rät: „Tüchtig springen, bergsteigen, herumlaufen, Holz spalten und andere schwere Ar¬ beiten. Dabei nur Wasser trinken und ganz einfache Kost genießen.“ Das ging dem guten Simon wohl etwas wider den Strich, aber ich und seine Frau haben nicht nachgelassen mit Zureden. „Gut“, sagt er, „versuchen wir's halt den Kopf kann's nicht kosten!“ Gleich am andern Tag sollt's losgeh'n. Unsäglich schwer wurde ihm um sechs Uhr morgens die Trennung von dem ge¬ liebten Bett, und nicht ohne herzzer¬ brechendes Stöhnen ging's ab. Ich na¬ türlich mit ihm wie sein Schatten. Also hinaus jetzt in den Wald, und zwar rasch, in flottem Marschtempo. — Wir kommen zu einem Wassergräb'l. Ich schreite ein¬ fach d'rüber. Der Simon aber erinnert sich, der Doktor hat ihm das Springen angeraten. Er setzt an, hupft auf, und patsch, liegt er drinnen mit seinem dicken Bauche, daß mir's Wasser bis ins G'sicht 'neinspritzt. Der hat g'flucht und g’wettert! Ich hab' ihn müssen heraus¬ zieh'n und in ein Hegerhäuschen schlep¬ pen, um ihm die Kleider zu trocknen. Wie das geschehen war, war's aber auch mit der guten Laune bei ihm vorbei. Er will nichts mehr vom Wald wissen und wir kehren zur Stadt zurück. Da, in der Lin¬ zergasse, sieht er einen Knecht draußen in der Einfahrt stehen und Astholz spal¬ ten. Das wär' was für mich, sagt mein Daxlhofer. Na, sag' ich, probieren kannst's ja! Richtig, er geht zum Knecht hin und ersucht ihn, ihn ein bissel hacken zu lassen. Der Knecht sieht ihn mit großen Augen an. Eine in die Hand gedrückte Krone aber schärft seine Verstandeskräste und er überreicht meinem Freunde die 7 Hacke. Ich muß ihm seine Fingerringe und seinen Zylinderhut halten, und nun chlägt er wildwütend auf so ein Aststück los, welches aus Eisen zu sein scheint. Endlich springt's doch entzwei, aber un¬ g'schickt. Ein Stück fliegt ins Fenster, chlägt es durch und durch und schleudert die in demselben stehende Petroleum¬ lampe hinunter. Drinnen sitzt der Drechsler Lois g'rad bei seinem Mit¬ tagessen. Vor Schreck bleibt ihm ein Stück Knodel im Hals stecken. Sofort muß der Doktor geholt werden. Der findet aber zwei Patienten. Das andere Stück ist nämlich dem Knecht an den Kopf ge¬ flogen und hat ihm die Stirnhaut durchgeschlagen. So muß nun der arme Simon den Geldbeutel hervorziehen und eine Fensterscheibe, eine Lampe und zwei Doktorrechnungen bezahlen, und dem Knecht überdies noch ein Extra¬ pflaster auf seine Stirnwunde legen. Die ganze Gasse, groß und klein, war zusammengelaufen, und alles lachte aus hat, vollem Halse. Wer den Schaden erst braucht sich ja um den Spott nicht zu sorgen — er kommt von selbst. Fuchsteufelswild, wie sie sich denken können, erwischt mich mein Simon beim Arm und zerrt mich so schnell fort aus dieser unglücklichen Gegend, daß ich kaum hab' folgen können. Erst als wir schon so weit auf der Straße waren, daß man uns von der Linzergasse aus nicht hat sehen können, ist er langsamer gegangen, mußte sich aber auf dem Straßenrand niedersetzen, um ein wenig Atem zu kriegen. Wie wir so da sitzen, kommt ein Mann mit einem Schubkarren gefahren, der hat auf demselben einen mächtigen Sack voll Erdäpfel liegen. „Schau, Daxl,“ sag' ich — ich nenn' ihn, wenn wir unter uns sind, immer — „schau, Daxl,“ Daxl, statt Daxlhofer sag' ich also, „das wär was für dich, das Karrenführen. Dabei kann keine Gefahr entstehen, weder für dich, noch für andere. Höchstens drückst dem Bur¬ schen ein, zwei Sechserl in die Hand.“ „Hast recht,“ sagt er und geht auf den

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