Person“, sagte er, „hat nichts zu tun mit der Pflicht, die ein Mann der Republik schuldet. Ich bin hier angestellt, die Schuldigen zu strafen — „Und die Unschuldigen zu beschützen!“ rief die Gräfin. „Aber, oh, mein Herr, nicht wahr, Sie scherzen — es ist nicht □ Ihr Ernst — oder ist es ein schrecklicher Traum! Es ist nicht möglich, daß Sie im Ernst reden — daß Sie Ihre Hände mit dem Blute eines Mannes beflecken wollen, der in der Tat Ihr Wohltäter war! Stand er Ihnen nicht bei, als Sie ich verheiraten sollten, gab er Ihnen nicht die beste Farm, wurde er nicht der und Pate Ihres Kindes? Und nun — ein Verbannter, von allem ent¬ nun Oh, mein Herr, wenn Sie sein — blößt! Leben retten können, retten Sie es!“ „Gräfin de Reynand“, flüsterte der „ Präsident, „in früheren Tagen da kniete ich zu Ihren Füßen, wie Sie jetzt vor mir knieen. Ich flehte um Ihr Mitleid, um Ihr Erbarmen, wie Sie jetzt mich anflehen. Haben Sie meine Bitte erfüllt! Nein — Ihre Liebe, um die ich Sie an¬ lehte, Sie gaben sie ihm! Diese Schmach tilge ich jetzt, aber nur mit seinem Blute. Jahre sind seit jener Zeit, in der Sie mich verstießen, dahingeflossen, aber Tag und Nacht sann ich auf Rache. Nun habe sich Gelegenheit dazu! Soll ich sie mir entgehen lassen? Nein!“ Mit wildem Blick starrte ihn die Gräfin an! Sie schien unfähig, die ganze Größe ihres Unglückes fassen zu können, doch murmelte sie noch: „Gnade!“ „Ja“, erwiderte Gautier leise, „aber die Gnade will teuer erkauft sein!“ „Ich habe Geld — ich habe noch Ju¬ welen!“ rief die Gräfin. Gautier schüttelte das Haupt und lachte; es war das Lachen eines Dämons. „Nicht genug“, sagte er. „Er beraubte mich, und für diesen Diebstahl —“ Oh, welcher — „Welcher Preis? Preis! Gautier?“ fragte sie. „Sein Blut!“ antwortete er. „Sein Blut!“ wiederholte die Gräfin, und im nächsten Augenblick sank sie be¬ wußtlos zu Boden. 5 IV. Am nächsten Morgen versammelten sich dreißig Soldaten in dem Hofraum der an das Rathaus anstieß und in welchem häufig Hinrichtungen stattfan¬ den. Den Soldaten gegenüber stand ein junger Mann. Seine Haltung verriet keine Art innerer Aufregung, nur um seine Lippen zuckte es manchmal spöttisch, und obwohl ein ruhiger, bestimmter Ausdruck aus seinen Zügen sprach, be¬ deckte doch Leichenblässe sein Antlitz. In einer Hand hielt er das Tuch, mit welchem seine Augen verbunden werden sollten. Dann und wann schweiften seine Augen suchend in die Ferne, als ob sie einen geliebten Gegenstand entdecken sollten. Plötzlich durchschnitt ein durch¬ eine Dame dringender Schrei die Luft — und des Grafen türzte in den Hof — sicheres Auftreten schien ihn plötzlich zu verlassen; er wankte, zitterte heftig und treckte beide Arme aus. Im nächsten Moment hielt er sein Weib umschlungen. Diese rührende Szene war eben nur von kurzer Dauer. Die große Glastür wurde mit Heftigkeit geöffnet und Franz Gautier erschien auf dem Balkon. Seine Augen hefteten sich starr auf sein Opfer, und auf ein rasches Zeichen, das er dem diensttuenden Offizier gab, wurde die halbtote Gräfin aus den Armen ihres Gemahls gerissen und mit Gewalt von dem Schreckensplatze fortgeführt. Kaum war dies geschehen, als ein lautes Gemurmel entstand, denn ein Wagen mit schaumbedeckten Pferden fuhr in den Hof ein, und ein Mann von kolossaler Größe und wildem Aussehen sprang aus dem Wagen. Nachdem er mit scharfen Blick die verschiedenen Gruppen überschaut hatte, trat er zu dem Offizier und befahl ihm, die Exeku¬ tion hinauszuschieben. „Der Gefangene“, fügte er bei, „soll mir auf das Rathaus folgen“. In dem Gerichtssaal angekommen, wandte er sich an den Verurteilten, be¬ trachtete ihn überrascht und fragte dann, warum er arretiert worden sei. Als der Graf ihm die volle Wahrheit
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