Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1923

104 schen kann. Jugend, Schönheit, Gesundheit und jetzt, zum Ueberfluß noch, die plötzliche Erbschaft, von der Sie heute Morgen hörten. „Sie meinen, die Nachricht, daß der Bruder meines guten Papas mich als seine Erbin unter gewissen Bedingungen einge¬ setzt hat? ... „Ich wußte nicht, daß an diese Erb¬ schaft gewisse Bedingungen geknüpft sind, sagte er, „doch das ist ja wohl gleichgültig Haben Sie sich Ihr Glück noch nicht aus¬ gemalt? Sie können nun alles haben, was Herz begehrt, Ihr Sie seufzte statt jeder Antwort noch mals tief. Gedankenvoll zeichnete sie mit ihrem Schirm rätselhafte Figuren in den Sand „Ich hoffe,“ sagte er erstaunt über ihr gedrücktes Benehmen, „ich hoffe, daß diese Bedingungen nicht unerfüllbar sind? Sie sah ihn einen Augenblick mit trau¬ rigen Augen an, dann senkte sie ihre Blicke schnell wieder auf die Erde. „Unter der Bedingung, daß ich meinen Vetter Hans innerhalb 12 Monaten heirate sagte sie langsam. Ein langes Schweigen folgte. Endlich sagte der jungeMann mit einer Stimme, die er selbst nicht wieder er¬ kannte: „Dann hoffe ich, daß Ihr Vetter Hans ein netter Mensch ist, da — da Sic ihn ja nun heiraten. „Aber ich will nicht, und ich tu's nicht,“ sagte sie heftig, die Spitze ihres Schirmes in den Sand stoßend. „Ich heirate ihn keinesfalls— solange noch ein anderer Mann in der Welt ist.“ — Dann setzte sie ruhiger hinzu: „Sie sehen also, ich bin unter diesen Umständen genau das, was ich gestern war. „Dann meinen Sie, Sie wollen nicht!“ N er sprang erregt auf. „Ich meine, Sie wollen wirklich das verdammte Geld fahren lassen und zufrieden sein. Oh, Else, meine — lie unterbrach sie schnell, „Ich habe,“ „meinen Handschuh verloren, einen hell¬ seidenen Handschuh. Ich muß ihn unter allen Umständen wiederfinden. Er ist so wichtig für mich, daß ich bereit bin, alles dafür zu opfern, die Erbschaft und alles Dem, der ihn mir wiederbringt, will ich alles schenken, was ich habe. Schljeßlich will ich ihn sogar heiraten, wenn er noch nicht verheiratet ist und wenn er mich ein bißchen lieb hat „Und der Vetter Hans?“ fragte der glückliche junge Mann eine Weile später, „ich nehme an, er bekommt jetzt das Geld Deines Onkels, wenn Du ihm einen Korb gibst. Der arme Kerl! — Bubi muß aber auch zu unserer Hochzeit kommen., Voraus¬ gesetzt natürlich, daß Du es nie bereust, mein Liebling, den andern nicht genommen zu haben. „Das werde ich nie,“ sagte Else glück¬ strahlend. „Ich hätte meinen Vatter nie heiraten können, unter keinen Umständen Selbst wenn ich Dich nie gesehen hätte. „Warum nicht?“ fragte der junge Mann erstaunt. „Aus verschiedenen Gründn nicht, lachte die glückliche Braut, „vor allem Du darfst mir aber nicht böse sein, Liebster —weil ich überhaupt keinen Vetter Hans habe. Er war eine Erfindung von mir, um Dich zum Sprechen zu bringen. Es tut mir nicht leid, daß Du nun mich, das Geld und alles zusammen nehmen mußt „Mutti,“ sagte Bubi an diesem Abend als er sein Abendgebet gesprochen hatte, „was ist ein Amor?— Tante Else sagte, ich sei ein kleiner Amor.“

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