Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1923

76 NSdssGad (Nachdruck Echtes Wohlkun. verboten.) Novelle von F. Kaltenhauser. Ein Meer von Licht kam zum Fenster Gesichte gelesen. Nun aber glitt ein mattes herein. Anstatt schwerer Plüsch= oder Stoff¬ Lächeln über ihre Züge hin. „Wenn sie mir vorhänge hingen solche aus feinem Spitzen¬ nur alle Tage scheinen möchte, Doktor! stoff vor dem Fenster und ließen der Sonne agte sie. „Aber gut, ich füge mich, damit Sie sich mit dem Schelten über mich nicht ungehindert Zutritt in das elegante Gemach Sogar über das blasse, leidend aussehende ungebührlich lange bei mir verweilen müssen.“ Gesicht der Dame, die in einem Sessel Dr. Purner wollte mit der Decke schon lehnte, breitete sich der Sonnenschein hin. um Fenster hinüber, da hielt er je den Er konnte es nicht länger mehr mit¬ Schritt an und sa nach ihr zurück. „Ist ansehen — der noch junge, aber schon sehr Ihnen mein Verweilen hier so unangenehm? beliebte Frauenarzt Dr. Ludwig Purner ragte er. „Gnädige Frau, lassen Sie mich doch das Jetzt lachte sie leise. „Ich glaube gar, Fenster verdunkeln! Hier diese große Decke Sie sind empfindlich, Herr Doktor? Und die das Sofa bedeckt, dürfte genügen, das egen sich Ihre Worte unrichtig aus. Ich Licht abzuhalten,“ sagte er. „Sie dürfen will doch nur Ihre Zeit, die für andere nicht länger mehr in dieser erregenden Helle Kranke doch so kostbar ist, nicht übermäßig sein Ihre total erschöpften Nerven be¬ lange in Anspruch nehmen. Zumal ich ja dürfen unbedingt der Ruhe und zu dieser nur Kopfschmerzen habe, der sich ja wohl hilft auch das Dunkel. Sie werden diese bald wieder empfehlen wird.“ abscheulichen Kopfschmerzen nicht los werden, Ein Kopfschmerzen, der von übermäßig wenn Sie meinem Rate nicht folgen. angestrengten Nerven herrührt, ist dennoch Der Arzt war aufgestanden. Aber die keine so leichte Sache, Frau v. Miltner!“ junge Frau wehrte ab. „Nein, Doktor, nein, Damit war der Doktor schon dabei, die nur das nicht! Ich liebe das Licht, ich kann Decke vor dem Fenster zu befestigen. Er nicht ohne Helle sein.“ steckte sie mit Nadeln, die er sich nach An¬ Er zuckte die Achseln. „Dann kann ich gabe der jungen Frau herbeiholte, fest. Die Ihnen auch nicht helfen. Einso zartes lauen Augen Frau v. Miltners hingen an Wesen wie Sie und an einem Krankenlager dem Arzte, während er vor dem Fenster auf eine Reihe von Wochen hindurch fast ohne einem Stuhle stand. Wie sich seine beiden eine Stunde Erholung zubringen — glauben Arme hoch hoben, kam die schöne, schlanke Sie, daß Sie da nicht Ihre Kräfte ganz Mannesgestalt voll zur Geltung. Man sah, aufgerieben, Ihre Nerven zerrüttet haben? wie fein gebaut und doch sehnig diese Glieder Wäre es nicht so, säßen Sie nicht gestern varen. Sekundenlang leuchtete es bewun¬ und heute mit diesem leidenden Gesichte dernd auf in den schönen Frauenaugen. vor mir. Es ist meine Pflicht, Sie nicht Als der Doktor eben vom Sessel länger im Lichte zu lassen — haben Sie sprang, klopfte das Dienstmädchen an die sich erholt, mögen Sie meinetwegen alle Türe und brachte eine Karte herein. Tage in einemfort in die Sonne schauen. Er war zuletzt beinahe grob geworden, „Mila Mühlberg,“ las Frau v. Miltner. da er noch immer die Abwehr in ihrem„Ich lasse bitten. Als das Dienstmädchen

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