94 sodaß dadurch das Tier anfängt, sich heftiger zu bewegen. Es ist gefangen. An Bord große Freude und Jubel¬ geschrei, die Matrosen machen ihre derben Witze, deren Gegenstand der an den Speck gegangene Haifisch bildet, dessen Flossen wütend das rings aufschäumende Meer¬ wasser peitschen, wodurch aber nur das Fanginstrument immer tiefer in die Kinn¬ laden des Fisches hineingetrieben wird. Der Hai macht ungeheure Sätze und be¬ chreibt Kreise, denen nur die Kürze des Taues Schranken setzt. Plötzlich taucht er mit Schnelligkeit unter, doch das sichere Tau hält ihn auf und verwundet ihn nur tärker. Er steigt wieder zur Oberfläche empor, um von neuem weiter zu kämpfen. Es scheint fast, als wollte er die Festigkeit der Bande erproben, die ihn an den Tod ketten. Seine Zuckungen verringern sich, er bleibt jetzt länger an der Oberfläche, und die freudig aufgeregten Matrosen deuten auf sein rollendes Auge, das ein blutroter Schimmer nur noch auf Augen¬ blicke belebt und das im Begriff ist, zu brechen. Das Tier scheint verendet, doch es scheint nur. Damit ist aber nur ein Teil eines Haifischfangs beendet. Zuerst ziehen die Schiffsleute das Tau aus dem Wasser empor, und es kommt häufig vor, daß das nur scheinbar verendete Tier aus seiner Todeserschöpfung erwacht. Seine Sprünge fangen dann von neuem an, es will sich an das Meer anklammern, sein Schweif peitscht das Wasser auf, dessen Schaum die Neugierigen an Bord bespritzt. Doch durch das Höherziehen mit dem Tau hat der sterbende Hai seinen Stützpunkt ver¬ loren, die Zuckungen hören auf, sein Körper dehnt sich aus. Manchmal noch ergreift ihn ein Krampf, der Schweif schlägt die Luft, ein Schauer bewegt seine Kinnlade, die noch fest am Haken hängt; dann wird er ruhiger, auch seine letzten Zuckungen erreichen ihr Ende. Der hinaufgezogene Hai wird von den Matrosen untersucht, einer der Burschen gießt ihm nach alter Gewohnheit einen Eimer Wasser in den Rachen, und dieser cheint sich ein wenig zu bewegen. Man läßt den Körper des Tieres eine Weile hängen, um sich davon zu überzeugen, daß in ihm alles Leben erloschen ist. Auch darin kann mau sich täuschen, denn immer noch lebt der scheinbar erstarrte Körper, und nur zu leicht ereignet es sich, daß ganz plötzlich der Schweif des Hais zu schlagen anfängt und zwar mit einer solchen Wucht, daß er alles in seiner Nähe Erreichbare auf dem Verdeck zertrümmert. Man schleift das Tier nach der Mitte des Decks, und ein Streifen schwarzen Blutes bezeichnet die Spur des hingeschleiften Fisches. Die Matrosen und Passagiere wechseln ihren Standort. Einige der Matrosen klettern auf das Dahlbord, die Passagiere erwählen die Rettungsboote als Beobachtungspunkt. Jetzt nahen die Schiffszimmerleute mit scharf geschliffenen Beilen und trennen durch geschickte Hiebe den Schweif ab. Damit ist die Gefahr beseitigt, daß ein Neugieriger oder Fürwitziger von der Besatzung oder den Passagieren durch einen solchen unvor¬ hergesehenen Schweifhieb des Hais Gefahr läuft, seine gesunden Knochen zu verlieren Mann beginnt darauf mit dem Zerlegen des Tieres. Ein alter Vollmatrose, der es ver¬ teht, setzt sich rittlings auf den Fisch, stößt und ihm ein langes Messer in den Bauch chlitzt ihn von oben bis unten auf. Die Muskeln zucken, das Tier drückt seine Zähne in ein Stück Holz, das man ihm zwischen die Kiefern gesteckt hat, und alles drängt näher an den toten Hai heran, um die Zerlegung des Opfers in seine einzelnen Teile genau wahrzunehmen. Besonders sind es die Leute der Schiffsbesatzung, die vor allem gern wissen wollen, was das Tier gefressen hat. Der Mann, der mit nackten Armen und auseinandergespreizten Beinen die Eingeweide des Haifisches durchsucht, bringt denn auch allerhand zum Vorschein, seit 24 Stunden womit sich der Raubfisch genährt hat. Feind des Ma¬ Der Haifisch ist der trosen, der ihm beim Fang seine Feindschaft ehrlich zurückbezahlt und der den Tag, an dem ein solcher Hai von ihm gefangen wird, für einen Glückstag im Leben an Bord seines Schiffes ansieht.
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