Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1922

„Hund, verdammter, du fährst! In einer Stunde mach' dich bereit. Gustav bezwang sich, er hatte auf¬ springen wollen, um dem vor ihm stehenden Manne die Kehle zuzudrücken, aber sein Begleiter, der die Absicht des Finnen zu erkennen schien, trat neben den Oberst. „Du hast es gehört, in einer Stunde. Im Ort aber verbreitete sich die Nachricht, der Oberst habe den Gustav mißhandelt. Da erhob ein Heißsporn gegen einen Trupp der Soldaten die Hand und in der kleinen Stadt am Uleasee begann Blut zu fließen. Der aufgespeicherte Haß der Truppen, die schon so lange ihre blu¬ tigen Hände nicht geregt hatten, entfachte sich und gierig stürzten sich die Scharen auf das unglückliche Volk. Manch ein Haus verwandelte sich in einen rauchenden Trümmerhaufen, mancher Mann, manches Weib starb unter dem Messer der wilden Horden. Aber der Oberst schien noch nicht genug zu haben. Er drohte der Stadt, aus Uleaborg Verstärkung zu holen. Man würde dort per Draht Rächertruppen herbei¬ winken und dann wehe dir, Kajana. Wieder ging der Oberst zum Ortsvorstand. „Ich muß einen Fischer haben, aber jenen Mann. Nenne mir einen nicht anderen. Herr, geht zu Danielewsen, er hat ichere Hand. eine „Nein, wehrte der Oberst und lachte „Dessen Bruder haben wir erschlagen. rauh „Die Der Ortsvorsteher zauderte. anderen, Herr, sind nicht hier. Es bleibt nur Schybergson.“ Der Oberst wandte sich an seinen Begleiter. Flüsternd verhandelten die Beiden Dann entschlossen sie sich doch, den be¬ währten Fährmann zu nehmen. Sie schritten zu seinem Haus. „Bist du fertig?“ „Ich bin's!“ Er ging ihnen voran, hinab zum See. Dort lag das schlanke Boot. Der Oberst und sein Begleiter schauten lange darauf hin. Dann sah der Oberst Schy¬ bergson an. 85 „Schiffer, du sinnst Verrat! In deinen Augen steht es geschrieben. Du weißt, was eurer Stadt droht. In den Stromschnellen des Ulea kann manch ein Boot umschlagen? 77 Nicht wahr Schiffer? „Kann sein, Herr.“ „Hol' dein Weib, dein Kind. Schiffer. In dem Boot ist Platz für viele. Sie sollen uns auf der Fahrt begleiten.“ Eine dunkle Glut glitt über das Antlitz Schybergsons. Mein Kind ist kaum ein Jahr, die Nacht wird kalt. Ich fahre allein sicherer, Herr. euch „Hol' dein Weib und dein Kind,“ befahl der Oberst. In Begleitung des Ofsiziers ging er zur Hütte zurück. Maria schaute erschrocken auf, als die beiden Männer eintraten. „Was ist geschehen, Gustav?“ Sie sah den furchtbaren Krampf, der sein Gesicht verzerrte, der ihn jetzt auch am Reden hinderte. Dann wandte er sich stöhnend an den Offizier: „Laßt mich wenige Augenblicke mit ihr allein. Ein teuflischer Blitz glitt aus den Augen des Russen. „Mach' es kurz, Fischer, sinne kein Entweichen, ich warte an der Tür.“ Laut lachend schritt er hinaus. Gustav riß fein Weib an sich. „Als ich dir vorhin die Hand gab, Maria, war es ein Abschied fürs Leben. Ich soll jene Männer gen Uleaborg führen. Ich wollte es tun, sie hätten Uleaborg nicht erreicht und ob mich der Meergott geschützt hätte, wenn das Schiff umschlägt, ich glaube es nicht. Ich habe dem Lande die Freiheit zugeschworen, ich darf nicht anders handeln Nun aber haben sie meinen Plan erraten, du und unser Kind sollen mich begleiten Es gibt keinen Ausweg. Ich muß mein Land verraten, muß jene Männer wohl¬ behalten nach Muhos fahren. Du und das Kind sind im Kahn.“ Maria schloß die Augen. „Sagtest du nicht,“ flüsterte sie leise, „sie kehren zurück, um an Kajana neue Rache zu nehmen?“ „Ja und ich zeige ihnen den Weg dazu.“

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