66 „Wo ist das Geld?“ heraus damit! gehört uns allen!“ Der Pater Administator rührte sich nicht. „Was der geizige Hund will Heim¬ lichkeiten haben? führt ihn und die anderen Pfaffen in den Hof hinab und bewacht ie, werden dann Gericht über sie halten? Der gefürchtete Stadt Steyrer Wolf¬ gang Madlseder war es, der so befehlenden Gebrülles den Gang hinaufeilte. Ein Gejohle gröhlte ihm als Begrüßung und wohl auch als Zustimmung entgegen, Pater Benedikt und die vorhin in ihren Zellen gefangenen Mönche führte ein Teil der Klosterstürmer unter Püffen und Fluchen in den Klosterhof hinab, der Madlseder ließ alles im Gemache des Administrators durchsuchen und als nichts wertvolles gefunden wurde, zertrümmern, was unter grimmiger Freude geschah. „Anzünden“, befahl der Madlseder! und eilte zu einer anderen, dem Freiheits¬ drang sich luftmachenden Gruppe, im Zimmer des Pater=Administrators aber lagen rasch zu Hauf geworfen: Betpult, Sessel, Kasten und Bett und schon wurde gezündelt. An einer Wand hingen noch ein hölzernes Christusbild, darunter ein hölzerner, feingeschnitzter Weihbrunnkessel und ein Rosenkranz; ein derbes, schlam¬ piges Weib vergaß nicht, diese Gegenstände in die Flammen zu werfen. „Recht so“, sagte die neben ihr stehende Person, „wer braucht das Narrenszeug!“ So stürmte es durchs Kloster, was zerbrechlich war wurde zerbrochen, was mitgenommen werden konnte, eingepackt, umgehängt und trunkene Weiber zogen Mönchskutten an, die sie in den Zellen ge¬ funden; aus manchen Zimmern züngelten Flammen, die der wahnwitzige Haß der Menge blindlings entfacht hatte. !) Wolfgang Madlseder, Bürger und Hausbesitzer in Stadt Steyr, Enge (alt) Nr. 44 Ratsherr vom Jahre (619 bis 1624 Stadtrichter schloß sich aus Ehrsucht, um eine Rolle spielen zu können, den aufständischen Bauern an und wurde in Stadt Steyr ihr „geheimer Ratsdirektor“. Seine Rolle den Bauern gegenüber spielte er eigensinnig und tastend in Stadt Steyr, als sie ihn aber hier zum Strange ver¬ urteilten und nach Linz in ihr Lager sandten, wurde er dort ein Hauptführer der rebellischen Bauern. Sein Ende entsprach der Justiz der damaligen Zeit. Um die Gruppe der gefesselten Bene¬ diktinerschar im Klosterhofe wurde die Menge immer größer, sie sammelte sich dort, wie sie aus den Klosterräumlichkeiten nach Plünderung und Verwüstung heraus¬ kam. Um die Mönche standen schützend der Förster Engelhardt, der Bauer Bernhard, zu denen sich der Florian kurz nach dem Eindringen der Menge ins Kloster gesellt hatte, nachdem er zu Hause niemand vorgefunden Auch der erst der Gefangenschaft „entronnene Bauer Pantaleon stand bei ihnen, alle vier „bis an die Zähne bewaffnet, mit dem, was eben aufzutreiben gewesen war in der Eile und Florian schwang drohend auf die allzunahe heran¬ drängenden eine langstielige Hacke, während Pantaleon irgendwo eine Sense erwischt hatte und Miene machte, damit Menschen zu mähen — ihm war das sinnlos wütende Toben der Menge zum Eckel ge¬ worden; sein besseres Ich hatte gesiegt, und wie er die Mönche hilflos, ruhig, gott¬ ergeben, mit Gebete murmelnden Lippen so dastehen sah, hatte er sich ohne vie Worte der „Schutzwache“ angeschlossen, die sich in merkwürdig stiller Eintracht um die Klosterbrüder gebildet hatte Der Madlseder, der als einheimischer Stadt Steyrer das Kloster genau kannte, war in die Klosterkirche getreten, wo die Altäre ihres Schmuckes entkleidet wurden, die Weiber sich um die Altartücher und Chorwäsche balgten und halbwüchsige Burschen sich die Kerzen um die Köpfe schlugen, die sie von den Altären ent¬ nommen hatten und in Stadt Steyr ver¬ kaufen wollten. Am letzten Seitenaltar rechts war ein Marienbild, alt, der Holzrahmen wert¬ los, das Bild selbst rauchgeschwärzt, aber noch lebhaft in den Farben, während kindlich=fromme Beterherzen zur Andacht stimmend und sturmbewegte Gemüter be¬ ruhigend in Ausdruck und Haltung gemalt, die Mutter mit dem Jesukinde darstellend und der kleine Jesus das rechte Händchen wie segnend dem Beschauer ent¬ gegenstreckend, hoffnungserweckend, milde anlächelt.
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