Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1922

III. Die Lene hatte gut daran getan mit ihrer wertvollen Tasche zum Gleinkerbründl zu wandern, denn ihren Vater, den Gleinker¬ stifsförster Engelbrecht, hätte sie zu Hause nicht mehr angetroffen und sie würde dann wohl ein zweitesmal plündernden Bauern in die Arme gelaufen sein und hätte sie auch der schneidige Florian nicht mehr befreien können. Der Förster hatte am Vormittage dieses an Aufregungen so reichen Tages!) wohl versucht, einige Be¬ wohner der umliegenden Häuser zu be¬ ordnen, dem Kloster zu Hilfe zu kommen, allein er hatte nur Frauen und Kinder zu Hause getroffen, die Männer waren so alle nach Stadt Steyr hinein und wanderte Engelbrecht „unterm Stein“ gegen die Stadt hinab. Was er da am Wege ah, war sehr traurig. Die Bauern hatten zu ihrem Lager am Tabor die umliegenden Bauernhäuser auseinandergerissen, was an Holz und anderen Materialien zum Lager¬ bau brauchbar war weggenommen, Dächer und Ziegel, Balken, ja sogar die Zimmer¬ einrichtungen mit auf den Tabor geschleppt und alles Vieh, alle Lebensmittel, Stroh und Viehfutter geraubt, dem Wirte „unterm Stein“ Wein und Most ausgetrunken und hatten nicht gefragt, von was die beraubten eben sollten. Als nach einigen Wochen bayrische und kaiserliche Truppen anrückten, zog sich das Hauptheer der Bauern vor Linz, in Stadt Steyr blieben etwa 400 Mann unter Befehl eines gewissen Neumüller und der Stadt Steyrer Ratsherr, Madlseder, leistete ihnen als Berater und Hetzer große Dienste. Es war grausam kunterbunt den Monat über in der alten Eisenstadt zuge¬ gangen und da viele Köpfe bei den Bauern anordneten, hatten die Bauern auch keinen Kopf und trieben es kopflos. Den allgemeinen Gräuel der Ver¬ wüstung betrachtend, war der Förster Engel¬ brecht endlich, gegen Mittag zu, zum Gleinkertor gekommen und da er nun doch für sein Kloster keine Hilfe auftreiben konnte, wollte er doch sichere Nachrichten *) 27. Juli 1626. 63 heimbringen, daher sich in der Stadt ein wenig umsehen. Innerhalb des Gleinker¬ tores saßen und hockten am Hange des Hügelchens, das zum Friedhofe hinauf¬ führt, die vier Bauern, welche die Tor¬ wache halten sollten und würfelten unter Fluchen, rauhen Lachen und „witzigen“ Bemerkungen. Als sie den Förster erblickten, der mit einem höhnischen Blick auf die treue Torwache zur Stadt hinabschreiten wollte, sprang einer auf, hob seinen Spieß vom Boden und rannte damit drohend auf den Förster los. „Du bleibst stehen, „rief er ihm zu und hielt ihm den Spieß quer über den wohin denn? Weg „In die Stadt halt“, erwiederte der Förster ganz ruhig und griff strammer der Muskete an seiner Seite. nach „Was hast du denn dort zu suchen?“ fragte der mißtrauische, bäurische Wach¬ posten. „Sagt Euch der Neumüller, was er in der Stadt sucht?“ lautete des Försters chlagfertige Gegenfrage. „War is, knurrte der Bauer, „frag ihn, ob wir heut in Gleink uns guten — geh!“ Wein holen können Und er sprang mehr als er gieng 635 zu seinen Kameraden hin, die ihn zum Würfeln riefen. Je weiter der Förster Engelbrecht die Gleinkergasse abwärts kam, desto lebhafter sah es darein aus. Vor den Häusern standen Männer, Bürger und Gesellen, die Kellner der Wirtshäuser, alles bewaffnet mit alten Schwertern und Lanzen, die sie im Schloß „entliehen“ hatten, und hatten sie derlei nicht in den Händen, mußte es auch ein tüchtiger Prügel tun. Es war also wieder was besonderes los hier und der Förster hörte im Vorbeigehen manch böses Wort auf das Kloster Gleink und ihn selber. Als er in die Nähe des Wirtshauses „zum Hechten“ kam, stand er vor dem Tore des ebenfalls ebenerdigen Hauses gegenüber: einige zankende Männer, Stadt Steyrer Bürger, die mit einen bäuerlich gekleideten, grauhaarigen Manne herumbelferten und )Heute Nr. 24, ehemals Kematmüllerhaus.

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