Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1922

liches weit von einander entfernt waren, gehörten sie doch beide nach Gleink und beide hatten als Kinder die Klosterschule in Gleink besucht, die Butterbrote, welche sie zur Stärkung am Mittag, wo sie in Gleink bleiben mußte, ehrlich geteilt, der Florian hatte für die Lene manch Apfel von Bäumen geholt, welche nicht seiner Eltern Eigentum waren und zogen böse Buben die Lene, ihres scharfen Züngleins halber, hie und da an den blonden, langen Zöpfen saußten dafür die starken Fäuste des Florian so lange auf die Köpfe der ungalanten Buben nieder, bis diese heulend und schimpfend davon liefen und die Lene in Ruhe ließen hiefür, da sie von der Kraft und Gewandtheit des Florian im Kampfe nun große Achtung hatten und ihn als Beschützer der kleinen Lene ansahen. Diese war für den Schutz, den ihr der Florian angedeihen ließ, sehr dankbar, half ihm bei den Schulaufgaben, besonders in der höheren Mathematik des Einmaleins, dessen Regeln dem Florian so gar nicht in den krausen Kopf hineinwollten, nähte ihm gar manchen Riß in seiner Joppe mit handgreiflichen Stichen zu und verhinderte o manches Donnerwetter, das sich in Schule und Haus ansonst über das chwarze Haupt des kleinen Florian ent¬ laden hätte. So waren die zwei in guter Nachbar¬ und Schulkameradschaft miteinander auf¬ gewachsen und waren aneinander so ge¬ wöhnt, daß sie sich selber nicht ganz fühlten, sahen sie sich einige Tage nicht, was zu ihrem Leidwesen dann häufig genug vorkam, denn der Florian, der zu Hause noch einen Schippel Geschwister hatte, mußte nach Stadt Steyr hinein zu einem Huf= und Wagenschmied in die Lehre und kam nur am Sonntag Nach¬ mittag heim, wurde dann vorsorglich zu allerlei Arbeiten im Haus verwendet und sah die Lene dann und wann nur so im Vorbeigehen. Sie waren sich aber zugeneigt geblieben die beiden Leutchen und wenn sie es sich auch nicht gestanden, so hatten sie doch, vielleicht sich noch nicht recht klar bewußt, doch das Gefühl, für einander bestimmt 61 zu sein und die Lene wies wohl deshalb manchen Freier ab und der Florian übersah manch wohlwollenden Mädchenblick. Die Eltern Florians kümmerten sich nicht um dessen Neigungen, sie hatten mit den Broderwerb für ihre zahlreiche Familie genug zu tun und der stiftliche Förster Engelbrecht, dessen einziges Kind die Lene war, befand sich meistens außer dem Hause und war recht froh, daß die Lene an Stelle der verstorbenen Mutter ihm die Wirtschaft so gründlich und ver¬ ständlich führte. So hatte sich das junge Paar in letzter Zeit überhaupt nicht gesehen, denn der Meister ließ den Florian nicht los, seit in der Stadt herinnen alles darunter und darüber ging, erst der Rummel den die Protestanten machten und die Katholiken zur Wachsamkeit für ihr Gut und Leben zwangen und jetzt die aufständischen Bauern die in der alten Eisenstadt ganz unmenschlich hausten. Die Bayern, welche Oberösterreich besetzt hielten, wollten alles wieder „katho¬ lisch“ machen und der Statthalter in Linz, Graf Herberstorf, der sich nebst seinen Soldaten manch Härte und Ungerechtigkeit schuldig machte, manchen Zwang dabei ausübte, war mit den Bauern, die nebstbei alle Abgaben zu hoch und Steuerleistung für wenig notwendig fanden, in Streit und Hader geraten um am 17. Mai 1626 gerieten Bauern bei Haibach mit bayerischen Soldaten in Zank und der Hutmacher Stephan Fadiger rief die Bauern zu den Waffen und bald standen die Aufständischen vor Linz und am Pfingstsonntag, den 31. Mai, rückten sie mit 20 Geschützen in Stadt Steyr ein, bewillkommt von den protestantischen Bürgern, lagerten in großer Ordnung am Tabor, legten in das Schloß eine Besatzung, suchten nach katholischen Geistlichen und hervorragenden katholischen Bürgern, hörten auf die „Prophezeihungen“ einer ledigen Weibsperson, ließen sich von dem protestantischen Prediger von Dorf an der Enns „theologisch“ belehren, machten einen Stadt Steyer Namens Kuhnast zu ihrem Feldschreiber, den ehemaligen Stadt Steyrer Stadtrichter Wolfgang Madlseder

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