82 Gesellschaft sollte nicht groß sein, noch groß werden, sondern lediglich durch Arbeit einer kleinen Zahl von Mitgliedern diesen Zweck zu erreichen suchen. Frau Kautsch ließ nicht locker. Im Oktober 1887, drei Jahre nach Schluß der großen und kulturhistorischen Aus¬ tellung, wurde zur Tat geschritten und eine Zusammenkunft von Altertumsfreunden veranlaßt, worüber das nachfolgende Protokoll Zeugnis gibt. „Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen. So hatte Frau Kautsch als Motto des ersten Protokolles an die Spitze gesetzt. Das Protokoll selbst, verfaßt und geschrieben von Regierungsrat Wussin, lautet: „Am 15. Oktober 1887, abends 6 Uhr, fand sich in Haslingers Gasthaus in der Vorstadt Aichet, Gärtnergasse 4, eine Gesellschaft von 5 Personen zu¬ ammen, bestehend aus Herrn Jakob Kautsch, Leiter der hiesigen Filiale der allgemeinen Depositen=Bank in Wien mit einer für Kunst und Altertum begeister ten Gemahlin Marianne, geborene von Braunendal, Herr Gustav Ritzinger, Abteilungsvorstand der k. k. vereinigten Fachschule für Eisen= und Stahlindustrie in Steyr, seit kurzem von der k. k. Zentral¬ kommission für den Bezirk Steyr ernannten Konservator, Herr Johann Wussin, k. k. Regierungsrat und gewesener Wiener Universitätsbibliothekar nebst seiner Frau Magdalena, geborene Wiesner. Wie bei der gleichartigen Gesinnung der Anwesenden leicht begreiflich, bewegte sich das Gespräch sehr bald auf den lieb¬ gewonnenen Helden der Altertumskunde und Geschichte und da bemerkte Frau Kautsch, daß es sehr löblich, ja notwendig wäre, wenn, namentlich in Steyr, für Erhaltung der noch vorhandenen so wenig beachteten, ja mitunter sogar mit Zer¬ störung bedrohten Ueberbleibsel aus frü¬ herer Zeit, irgendwelche Fürsorge getroffen würde und meinte, daß dieser Zweck am ichersten durch Gründung einer Gesellschaft, speziell für diese Aufgabe zu erreichen wäre. Dieser schöne Gedanke wurde freudig begrüßt, lebhaft diskutiert und sodann der einmütige Entschluß gefaßt, ihm durch sofortige Gründung dieser proponierten Gesellschaft Ausdruck und Leben zu geben. Da nun jede gesellschaftliche Vereinigung unter einem bestimmten Namen in die Oeffentlichkeit zu treten hat, wurde weiter beraten, welchen Namen sie zu führen habe und nach längerer Debatte beschlossen, derselben den Namen „Styria, Gesellschaft der Altertumsfreunde in Steyr“, zu geben. Die jeder Gesellschaft unentbehrlichen Statuten, deren sie bedarf, um ihr Programm auszuführen, mußten selbstverständlich spä¬ terer Beratung vorbehalten bleiben und wurde vorläufig nur verabredet, sich von nun an regelmäßig jeden Samstag in dem Eingangs erwähnten gemütlichen Lokale wieder zu sehen und in Betreff der zu entwerfenden Statuten sich die einer bereits bestehenden Gesellschaft von gleicher Tendenz zum Muster zu nehmen und dieselben den hiesigen Verhältnissen und Bedürfnissen entsprechend zu modifizieren. Herr Ritzinger tellte hierauf an Frau Kautsch die Bitte, sie möge in dieser Beziehung die Güte haben, sich an den verdienstvollen Gelehrten und Kunstfreund Herrn Wendelin Böheim, Kustos der Ambraser Sammlung, mit dem ie ohnehin in lebhaftem brieflichen Verkehr steht, mit der Bitte zu wenden, der jungen Styria ein Exemplar der Statuten der Altertumsfreunde in Wiener=Neustadt zu¬ kommen zu lassen, welchem Ersuchen nach¬ zukommen sich erwähnte Dame mit Ver¬ gnügen bereit erklärte. Nachdem diese Erklärung mit ge¬ bührendem Danke aufgenommen war und es für diesen Abend nichts weiter mehr zu beraten und zu beschließen gab, trennte ich die Gesellschaft frohen Muts und voll der besten Hoffnungen für das Gedeihen des jungen Vereines in gehobener Stimmung um halb elf Uhr“ In der vierten Sitzung der Gesellschaft wurde Frau Marianne Kautsch zur Schriftführerin einstimmig gewählt, in welcher Eigenschaft sie bis zur Auflösung der Gesellschaft, die nach Jahren erfolgte, verblieb und welches wichtige Amt sie gewissenhaft versah.
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