70 davon mit ihr gesprochen zu haben und hat mir sein Wort gegeben, auf ihre Pläne nicht einzugehen und sich ruhig zu verhalten, das wäre also erledigt, „morgen gehe ich zum Herrn Stadtrichter, brauchst etwas Geld, Freund Emmerich?“ Er sah seinen Freund vielsagend, zwinkernd an. „Oh, ich danke dir Wendelin, nein, nein, das Geschäft ging heute gut und wenn schönes Wetter bleibt, wird es auch weiters gut gehen, so kommen wir schon durch zur Erbschaft“ bis Am anderen Vormittag ging also der Ratsherr zum Stadtrichter und trug ihm den Fall vor. „Ist dieser Emmerich ein ruhiger Mensch“, meinte der Stadtrichter, nachdem er den „Fall“ angehört hatte, „ich hätte der Eusebia an seiner Stelle gar was anderes erzählt, na, mit der werden wir abrechnen, aber mit der Frau Afra, hm, hm, das ist eine ganz eigene Sache, das heißt nicht mit ihr, der Fall ist ja klar, das Erbteil muß sie sogleich herausgeben die Tochter ist ja großjährig, aber ihr Zwinger steht zum Teil auf einem Boden, der zum Schloß gehört, wenigstens dazu beansprucht wird. Mach ich nun die städ¬ tische Gerichtsbarkeit über die FrauAfra geltend, lauft sie zum Burggrafen!) und beschwert sich und der wird sie in Schutz nehmen, um die Rechte des landesüblichen Besitzes zu wahren, wie er das auffassen wird, das ist sicher und dann gibt es Streit zwischen Stadt und Schloß und das ist die Frau Afra und ihre Stützigkeit sicher nicht wert“ „Aber was ist da zu tun, Herr Stadt¬ richter?“ fragte der junge Ratsherr, der sehr icher hieher gekommen war, jetzt kleinlaut. „Ja, was! Du gehst jetzt zum Burg¬ grafen hinauf, trägst ihm die Sache vor und sagst, ich lasse ihn bitten, entweder selbst die Angelegenheit allein auszutragen oder sie mir zur alleinigen Austragung zu überlassen, es wäre mir gleich, denn ich wolle in diesem Rechtshandel keinen Verdruß mit ihm haben“! 9Burggraf war kein Adelstitel, sondern der Citel des Amtes, das er verwaltete; heutzutage, so etwa wie ein Güterdirektor, mit großen Befugnissen und der Macht eines Bezirkshauptmannes. Der Ratsherr ging nun in das Schloß zum Burggrafen hinauf. Der war ausnahmsweise sehr friedfertig gestimmt und sagte lachend: Potz Blitz, ich bin mit der Austragung des Streitfalles durch den Herrn Stadtrichter ganz einverstanden, möge er seine Weisheit zum Besten geben, Sein Urteil werde ich nicht anfechten. Das Stückchen Land, so darauf die Frau Afra ihren „Zwinger“ hat, bleibt aber unter dem Schloßrecht wie bisher“ 1 Damit war der Ratsherr entlassen und stieg den Schloßberg zur „Enge' herab. Ungefähr in der Mitte derselben ertönte aus einem Laden ein widerliches Geschrei einer keifenden Frauenstimme und dazwischen konnte sich eine melodische, zaghaft und verschüchtert klingende Mädchen¬ stimme nur schwer geltend machen, es war offenbar, da stritten zwei Frauen oder besser, eine stritt und die zweite wehrte sich dagegen. Der Ratsherr eilte zum Laden hinzukommen, vor dem sich bereis Leute anzusammeln begannen. Er schuf sich mit seinen kräftigen Armen Bahn durch die neugierigen Menschen und trat in den Laden, die Tür hinter sich schließend, die Leute draußen brauchten nicht zu wissen, was hier vorging. Hinter dem Ladentisch stand ein junges, sehr hübsches Mädchen, jedenfalls die Ver¬ käuferin, blaß vor Aufregung und zitternd und sah entrüstet auf das vor dem Laden¬ tische stehende Weib, deren große, starke Person und auffallende Kleidung und rüdes Benehmen die bürgerliche Bescheiden¬ heit und das ruhige, gemessene Gehaben des jungen Mädchens wohltuend hervorhoben. „Was geht denn hier vor, daß ihr so schreit“? Fragte der Ratsherr die starke, streitsüchtige Person, „was habt ihr für Klage gegen die Jungfer da“? „Gehts euch was an“? schrie das Weib“, mischt euch nicht darein, ich hab der Dirne da für zwei Ellen weiße Leinen einen Wiener=Gulden gegeben und verlange mein Geld heraus, sie aber sagt, das Geld ei falsch, wo nähm ich falsches Geld her? Beweist, daß ich das Geld gefälscht habe“! „Ich hab nicht gesagt, daß ihr den Gulden gefälscht habt“, sagte das Mädchen
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