Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1920

— So, das merkt euch, und Amen dazu. ist meine unumstößliche Meinung!“ Der Markgraf war sonst nicht der Mann der vielen Worte und Chlothar wußte nun, daß sein gnädiger Herr in der Sache seine Ruhe haben wollte und schwieg von nunan über die Heirat fein still. Als er sich aber die Worte seines ritterlichen Herrn öfters wiederholte, war er darüber ganz getröstet, denn wie er den Markgrafen kannte, so war aus dessen Worten zu entnehmen, daß er gegen eine Heirat dieser seiner Dienstleute im Grunde genommen nichts hatte, daß er nur die Gelegenheit und den Zeitpunkt für eine Ehe jetzt nicht für passend fände und daß es nur ein Vorwand von dem hohen Herrn war, wenn er sagte, „die Ludmilla olle erst beweisen, daß sie Verstand und Schneid habe für zwei“, die Angelegenheit auf eine gelegentliche, dazu geeignete Zeit hinauszuschieben und Chlothar beschloß dem allzusanften Chilperich die Meinung des Herrn Markgrafen über allzugroße Sanftmut junger Männer und Ehemänner ehr deutlich bekanntzugeben und die einem entsprechende Nutzanwendung Sprößling dabei recht verständlich zu machen. II. Der Burgvogt zu Steyr, Reinhold, der „Bogner“ zubenannt, weil er seine als Laufbahn in der Ottokarenburg „Bogner“, als Bogenmacher und Bogen¬ chütze einst begonnen hatte, schritt mit Chilperich am linken Ennsufer hinauf und der letztere trug die zum fischen notwen¬ digen Geräte. Der Burgvogt war ein gern leidenschaftlicher Fischer und angelte und in den grünen Wässern der Enns den hatte da zu seinem Begleiter gerne ein ruhigen Chilperich, von dem er gewiß ein konnte, daß er ihm weder durch Gespräch, noch durch hastige Bewegungen die Fische von ihren Lieblingsplätzen ver¬ trieb. In der Höhe des heutigen Bertholdi¬ brünnleins machte die Enns eine tiefere Einbuchtung in das linke Ufer, worum sich, beschattet von Gesträuch und Bäumen 71 der Weg am Ennsufer nach Garsten schlängelte.“ Da ließen sich die beiden Fischer nieder. Chilperich richtete die Angel zurecht, steckte einen Regenwurm an den Haken und reichte Stock und Schnur dem Burg¬ vogt, der prüfend alles besah, sich dann achte auf einen größeren Felsblock nieder¬ ließ und mit einem Seufzer, der Hoffnung oder der Erwartung könnte man sagen, kunst¬ gerecht die Schnur weit hinaus in die Runde des sich hier sanft drehenden Wassers warf „Ist doch der richtige Platz wo du den Hurchen gesehen hast, Chilperich? fragte der Burgvogt so halblaut zum Knappen hinüber, der einige Schritte ab¬ wärts an der Ennsbuchtung sich nieder¬ gelassen hatte und das Tun des Burgvogts aufmerksam beobachtete. „Wohl, wohl, Herr Burgvogt“ nickte Chilperich, „sah den Hurchen noch gestern nachmittag, wo das Wasser reiner war wie jetzt, dort an der Seite jenes flach¬ ablaufenden Steines ruhen, nährte sich kaum, sahs ihm an, der ist hier zu Haus wär was für Freitag in die Küche, hat 77 sicher 8—10 Pfund. „Schön“ meinte der Burgvogt und legte die Angelrute in die neben ihm in die Erde gesteckte Holzgabel, um seine Arme nicht zu ermüden. Hoffentlich wird er dann nicht zwischen Pfann und Lipp gestohlen, wie das in neuester Zeit mit soviel eßbarem Zeug in der Burgkuchel der Fall war.“ „Haben heut früh wieder eine geräucherte Bärentatze aus dem Selchofen und zwei große Laibe Brot gefehlt,“ sagte Chilperich halblaut, als fürchte er den Hurchen von dem Platze hier zu vertreiben. „Ei, ei, ist doch eine Frechheit sonder¬ gleichen, daß mitten aus der Burg den Leuten sozusagen unter den Augen, die Sachen wegzustehlen,“ brummte der Burg¬ vogt ärgerlich, „ist mir gar sehr unan¬ genehm, daß man den kecken Dieb nicht erwischt, da unser gnädiger Herr Markgraf schon ungeduldig zu werden beginnt und *) Ottokar V. stiftete im Jahre 1082 das Uloster Garsten, doch bestanden Ort und Pfarre schon lange vor¬ her. Beide werden schon in Urkunden im Jahre 983 ge¬ nannt, die Hauptkirche war jedoch in Sirnicha (Sierning), wohin Garsten den Zehent abzuliefern hatte.

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