Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1920

einstimmig beschlossen worden ist im Kosten¬ betrage von 42.000 fl. Ungeachtet des sehr günstigen Winter¬ wetters dauert die Blatternepidemie doch ungeschwächt fort und waren unter 59 Todfällen im Februar wieder 13 Blattern¬ fälle. In den ersten Tagen des März wurde zum Baue der eisernen Eisen¬ bahnbrücke bei Kraxental anstatt der bereits schadhaften Hölzernen mit der Fundierung der zwei Steinjoche begonnen. Die Blatternepidemie hat wohl im März nachgelassen, doch kommen noch immer einzelne Sterbefälle, selbst bei Er¬ wachsenen, vor. So starb am 10. März der 57 Jahre alte Weinhändler Alois Graßl, Hausbesitzer am Stadtplatze, an den Blattern. Am 25. März (Maria Verkün¬ digungstag) früh frostig, mittag Sonnen¬ schein, abends heftiger Sturm mit Gewitter¬ regen, schlug der Blitz um 12 Uhr nachts in die Kirche zu Wolfern ein. Seit Menschengedenken der schönste März. Am Österdienstag, den 11. April, kamen die zwei Präsidenten der verstaatlichten Elisabeth= und Rudolfsbahn: von Czediz und von Perl hier an, untersuchten die Betriebsdirektion, empfingen die Stadtgemeindevorstehung und ver¬ sprachen derselben, die möglichste Berück¬ sichtigung wegen des Verbleibens eines großen Teiles der Betriebsdirektionsbeamten in Steyr, worauf selbe nach Klagenfurt und Villach reisten. Die gemeinderätliche Aufsuchung eines geeigneten Platzes zur Er¬ bauung des Eisenwarenversuchswerkstätte¬ gebäudes nahm den ganzen Monat April in Anspruch und erst am 26. wurde der Platz an der Schwimmschulstraße, links von der Mitterwasserbrücke bestimmt. Der Bau des neuen Armen¬ hauses auf dem Grunde der sogenannten Bierführersölden Nr. 152—439 im äußeren Aichet, welche im Jahre 1881 mit 4 ¾ Joch um 7000 fl. erkauft worden ist, hat vom 67 Baumeister Franz Gerl begonnen. Die Kosten des Hausbaues betrugen 25.395 fl. Wasserleitung, Gartenanlage, Einfriedungs¬ und Einrichtungskosten sind mit 6000 fl. veranschlagt, zusammen also mit dem An¬ kaufe 38.395 fl., welche Gesamtkosten durch Legate, Geschenke und gesammelte Beiträge mehr als bedeckt sind. Der Herr Generaldirektor Werndl will seine anno 1877 erbaute und un¬ vollendet gelassene große Villa nun end¬ lich ausbauen, hat nun dazu noch das nachbarliche Schlößl Engelsegg um 35.000fl. erkauft und will auch noch das Lambergsche Feld nächst der „lachenden Mauer“ dazu kaufen. Am 9. Mai kam endlich aus Wien die Entscheidung über das Schicksal der hiesigen Eisenbahnbetriebsdirek¬ tionsbeamten. Es erhielten nämlich 104 Beamte, also ungefähr die Hälfte der hier amtierenden, die Dekrete zur Abfahrt nach verschiedenen Kanzleien und Stationen der Elisabeth= und Rudolfsbahn. Dafür „ sollen aber sogleich wieder zirka 100 andere Beamte aus verschiedenen anderen Nationen, meistens aus Wien, hieher kommen, worunter der größte Teil der Kontrolle des gesamten Staatseisenbahnbetriebes und zur Besetzung des hier zu errichtenden Betriebshauptamtes und der Staats¬ bahnenkontrolle. In der Waffenfabrik finden viele Arbeiterentlassungen statt, wovon manche in die Rheinprovinz, andere nach Amerika auswandern. Am 1. Juli traten die neuorgani¬ sierten Eisenbahnverwaltungs¬ ämter in Wirksamkeit. Damit enden die Aufschreibungen eines alten Steyrerbürgers. Die letzten drei Jahre sind im Manuskript nicht mehr vollständig ausgeführt und scheinen wohl die Krankheit und der nachfolgende Tod des Chronisten die Ursache davon zu sein. Die Fortsetzung dieser Aufschreibungen bis zum laufenden Jahre finden die Leser dieser Aufschreibungen in der vom „Illustrierten Steyrer Geschäfts= und Unter¬ vor¬ haltungskalender“ alljährlich 57)

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