Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1920

193 C □ 2 8 9 K0)9 K7D8 S(72 * A KNachdruck verboten. Schicksalstücke. Erzählung von Adolf Stark. Sie sollten nicht so viel trinken,“ zu sich selbst, trotzdem seine Worte an sagte ich und legte meine Hand auf seinen mich gerichtet waren. Arm, um zu verhindern, daß er sich von „Ich wette, Sie denken, ich habe etwas auf dem Gewissen, vielleicht einen neuem das hohe Paßglas mit dem schweren Mord oder mindestens einen Bankeinbruch. dunklen Wein fülle und es auf einen Zug leere, wie er es schon ein halbes dutzend¬ Nein, entschuldigen Sie sich nicht. Der mal getan hatte in der Zeit, da wir auf Gedanke ist nicht so fernliegend. Die meisten der Veranda seines Hauses beisammen von uns, die wir uns vor 30 und mehr saßen. Jahren ansiedelten, damals, als das Land Es saß sich so schön hier im Schatten noch eine Einöde war, hatten ihre guten der hohen Bäume, bequem hingelagert in Gründe, die Welt und die Menschen zu den Strecksesseln, während das Auge über fliehen. Gründe hatte ich ja freilich auch. die weiten Felder, Wiesen und Weiden Aber trotzdem ist mein Gewissen rein. Und hinwegblickte, bis zu den fernen, im bläu¬ doch bin ich unglücklicher als alle die lichen Glanze verschwimmenden Bergen. andern. Die haben durch ein arbeitsames Und alles dies, soweit der Blick trug, ge¬ Leben Sühne und Vergessen gefunden. Ich —. aber hörte ihm, meinem Freunde, ein Besitz¬ Nun wenn es Sie nicht tum, so groß fast wie eines der kleinen langweilt, will ich Ihnen meine Geschichte erzählen. Wenn Sie dann noch daran Duodezfürstentümer. Und trotzdem, daran war nicht zu zweifeln, trotzdem war er zweifeln, daß es eine Schicksalstücke glücklich. Er hatte Zeiten, wo er trank, nicht gibt Vor ein paar dreißig Jahren da war unmäßig, ohne Genuß, nur um sich zu betäuben. So auch heute. ich ein junger Bursche, der sich sehen lassen konnte. Gott, so weit liegt die Zeit Sie sollten nicht so viel trinken,“ 7 sagte ich also zu ihm. hinter mir, und jener junge Mensch von Er sah mich lächelnd an. „Und warum damals ist ein so ganz anderer als ich, daß ich ihn ruhig loben kann, ohne mich soll ich nicht? Um meine Gesundheit zu schonen? Um mein Leben zu verlängern? der Eitelkeit schuldig zu machen. Also stellen Sie sich einen jungen Ja, wer sagt Ihnen denn, daß ich leben will? Menschen vor, hübsch, gut gewachsen, von guten Manieren, in auskömmlicher Stel¬ Nun ja, Sie sind nicht auf den Kopf lung und nicht ganz unvermögend, und Sie gefallen und haben schon längst bemerkt, haben ein Bild jenes Georg Meister, der lieber Doktor, daß mir der Wurm im Herzen sitzt. Aber was es ist, das können ich damals war. Jawohl, Georg Meister, so heiße ich eigentlich. Der Bob Green, Sie nicht wissen. Haben Sie sich schon Gedanken darüber gemacht?“ als den Sie mich heute kennen, ist ein, wie sagt man nur rasch, ein Pseudonym. Ich errötete ein wenig, denn er hatte Und wie ich dazu kam, den Namen zu den Nagel auf den Kopf getroffen. Aber wechseln, sollen Sie auch erfahren. er achtete kaum auf mich, er sprach mehr 13

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