Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1919

80 85 der ein zitterndes, heißes, banges Fra¬ jemals ein Weib gewesen. Er erhob sich. gen, ein in seiner sittsamen mädchenhaft Dem jungen Büßer war jetzt so wohl zagenden Schüchternheit so heißes Be¬ und leicht! jahen, ein namenloses Sehnen, eine un¬ Die drei gingen dem Ausgange zu. sagbar beglückende Verheißung in sich Man blieb scheidend stehen, im Be¬ schloß. griffe, den Heimweg einzuschlagen. Die Matrone gab dem jungen Manne die Möge sie euch all das Hohe und Hand, die er ehrerbietig küßte. Dann Herrliche sagen, was sie unserem Be¬ ruhten die Blicke beider junger Men¬ kehrten sagte, — diese einfache Ge¬ schenkinder ineinander. Sekundenlange schichte einer Weihenacht..... wohl nur. Aber es war ein Doppelblick, Eine ganz verrückte Geschichte. Von Adolf Stark. Nachdruck verboten. lasse dir erzählen. Heute morgens, wir ritz, du bist ja Advokat, dein Be¬ sitzen gemütlich beim Frühstück, ich lese v bis ruf ist es also sozusagen, anderen meine Zeitung, sie schneidet Brot, da Leuten zu raten und zu helfen. Hilf sagt sie ganz ruhig: „Karl, ich lasse mich mir, denn ich weiß nicht ein noch aus.“ von dir scheiden.!“ Dr. Fritz Reiser schob dem Besucher Ich halte das Ganze für einen Spaß die Zigarrenkiste hin. „Brenne dir erst natürlich und lache. Aber sie bleibt ernst einmal einen Glimmstengel an; nichts und sagt: „Das ist kein Scherz, mein beruhigt mehr die Nerven als die blauen lieber Freund. Ich habe die ganze Nacht Rauchwolken, und du kannst Beruhigung darüber nachgedacht, es ist der einzige brauchen. Ich habe dich noch nie so auf¬ Ausweg, der meiner und deiner wür¬ geregt gesehn.“ dig ist. Ich hoffe, es wird dir nicht „Mir ist auch noch nie so etwas all zu wehe tun. Aber selbst, wenn es wie heute vorgekommen. So etwas war so wäre, mein Entschluß steht fest.“ überhaupt noch nicht da.“ „Bist du verrückt,' schreie ich und „Na, na, nur nicht übertreiben. schlage mit der Faust auf den Tisch. Sie ist schon alles dagewesen.' sagt Ben „Es zuckt zusammen. „Bitte, Karl, werde Akiba.“ nicht heftig. Laß uns in Frieden schei¬ „Erst höre, und dann wirst du ja den. Und höre mich ruhig an. Ich liebe sehen, wer recht hat — ich oder der einen andern. Bitte, nicht auffahren, Nabbiner. Du kennst doch Ella?“ alte nicht schreien, nicht zornig werden. Du „Welche Frage? Ich beginne an ich hast keinen Grund dazu. Du siehst, deinen Verstand zu zweifeln. Du fragst dei¬ habe mir nichts vergeben, ich bin mich, deinen besten Freund, der mich ich ner Ehre nicht zu nahe getreten, den fünf Jahren deiner Ehe min¬ seit Ich werde es auch künftig nicht tun. destens einmal wöchentlich bei dir speist, las¬ werde mich einfach von dir scheiden der ich trotz aller Freundschaft mich, ich sen und den andern heiraten. Denn dich Glückspilz um deine schöne Häuslich¬ es bin eine anständige Frau und will keit beneide, mich fragst du, ob ich deine bleiben. Frau kenne?“ so Natürlich, ich habe mich nicht eben¬ „Du kennst sie nicht, sage ich, ich Herr¬ ohne weiters in die Sache geschickt, sowenig, wie ich sie gekannt habe. sie tue es auch heute noch nicht, aber Doch gott, was ist das für ein Weib!

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