Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1919

80 August. Am 1. August starb Leopold Kam¬ merhofer, Privat, gewesener lang¬ jähriger Fleischhauermeister und Haus¬ besitzer in Steyr, im 73. Lebensjahre. Die Sammlung von Obstkernen wird amtlich kundgemacht. Am 3. wurde Dr. Adolf Neuber, Amtsleiter der k. k. Bezirkshauptmann¬ chaft Steyr, von den 24 Gemeinden des Bezirkes zum Ehrenbürger ernannt. Diese wohlverdiente seltene Anerkennung zeigte die großen Verdienste und den Dr. Franz Enzinger †. Dank, welchen sich der derselbe im Be¬ zirke erworben hat. Am 5. nahm der Gemeinderat der Stadt Steyr Stellung zur geplanten Erhöhung der Brot= und Mehl¬ preise. Der gesamte Gemeinderat ver¬ wahrte sich entschiedenst gegen die unge¬ rechte Erhöhung und machte auf die Folgen die Regierung aufmerksam. Am 6. starb plötzlich Paul Schmid, Betriebsleiter des Gaswerkes Steyr, im Alter von 57 Jahren. Am 9. erschienen über Wien sechs italische Flugzeuge und warfen in mehreren Bezirken tausende von Flug¬ zettel mit aufrührerischen Inhalt ab. Am 10. starb * Doktor Franz Enzinger, Auskultant beim Kreisge¬ richte Steyr, in seinem 29. Lebensjahre. Er stand im Militärdienste. Die Lebensmittelbeschaffung ist so schwer, daß bereits einzelne große Un¬ August. ternehmungen ihre Waren nur dann ab¬ geben, wenn Lebensmittel für die Ar¬ beiter geliefert werden. Auch Rohmate¬ rialien müssen zur Erzeugung der Waren beigestellt werden. Am 15. wurde trotz aller erstatteten Vorschläge und Proteste, die wichtigsten Nahrungsmittel, das Brot und das Mehl im Preise um über 100 Prozent erhöht. Begründet wurde die Erhöhung mit dem 180=Millionen=Kronen=Abgang bei der Kriegsgetreideanstalt. Das Brot¬ gewicht wurde von 980 Gramm auf 1260 Gramm erhöht und stellt sich der Preis auf 1 Kr. 40 H. Bei dem bis¬ herigen Brotpreis, 1 Laib, 980 Gramm zu 72 Heller würde im Juli 1919 ein Abgang von 1 bis 1½ Milliarden Kro¬ nen erwachsen. — Dieser Abgang be¬ dingt den Abbau der Kriegszentralen, und Vorsorge zu treffen, die inländische Produktion zu heben. Am 17. fand anläßlich des Ge¬ burtsfestes unseres Kaisers in beiden Kirchen Festgottesdienst statt. Am Vorabend veranstalteten die in Garnison liegenden Kaiserjäger einen Zapfenstreich. Ab 19. erfolgt die Wiedereinführung von drei fleischlosen Tagen in der Woche. Die Zuweisung erfolgt auf Grund des vorhandenen Viehes nach dem Schlachtgewicht. Die Abgabe darf jedoch höchstens 10 Deka für den Kopf und Fleischtag betragen. Der Verbrauch des Viehes ist auf 40 Prozent des Standes vor dem Kriege herabgemindert. Eine agrarische Abordnung erhebt Beschwerde über zu reichlichen Fleischgenuß in der Armee und in den Garnisonen. Am 30. verließen die deutschböh¬ mischen Ferienkinder Steyr und Umgebung um in ihre Heimat zurück¬ zukehren. Die Kinder haben sich gut er¬ holt. Der Wert unserer Zahlungsmittel ist derat gesunken, daß wir für 1 Mark 1 Kr. 70 H. zu begleichen haben. Im 1 Mark Jahre 1913 stand der Kurs 1 Kr. 18 H. gegenüber. Mit Kartoffeln wird derart Wucher getrieben, daß für dieses be¬ für das gehrte Volksnahrungsmittel Kilo bis zu 5 Kronen bezahlt werden. Flüchtlinge aus den Kriegsge¬ bieten in Oberösterreich mit dem Stande vom 1. in den Lagern 5164, in den Gemeinden 10.888, zusammen 16.052, welche aus staatlichen Mitteln unterstützt werden.

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