Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1919

April=Mai. Der Inhaber der ehemals Hübschen¬ bergerschen Ofen= und Herdfabrik in Salzburg, Karl Brunner hat im Ein¬ verständnis mit seiner Gattin Anna, ge¬ borene Wegscheider aus St. Ulrich, Ber¬ gerweg, seine drei Kinder, seine Frau und sich selbst getötet. Der Verein der Beamten, Lehrer und Pensionisten in Steyr hat sich in den „Bund der deutschen Fest¬ besoldeten Steyrs“ umgebildet. Am 27. wurde das Namensfest unseres Kaisers durch Flaggenschmuck an allen Häusern der Stadt geehrt. In den Kirchen wurden Festgottesdienste abgehalten. Das 50jährige Arbeitsjubiläum des Karl Riener, Eisendreher der Oesterr. Waffenfabrik wurde in herzerhebender Weise in der Zipfer Bierhalle gefeiert. Am gleichen Tage giengen über Steyr und Umgebung, zwischen 4 und 5 Uhr nachmittags, Gewitter nieder. Das Gewitter brachte einen ungemein schwe¬ ren, wolkenbruchartigen Regen und in¬ nerhalb der Stadtgrenzen heftigen Ha¬ gelschlag mit bis bohnengroßen Eiskör¬ nern mit sich. Der in der folgenden Nacht niedergegangene Regen ließ merk¬ An ver¬ würdige Spuren zurück. chiedenen Stellen der Stadt konnte in der früh ein geblicher Niederschlag bemerkt werden, der an den vor etwa 2 Jahren stattgehabten „Schwefelregen“ erinnerte. DerMonatsbericht derSpar¬ kassa Steyr bringt folgendeZiffern: Die Interessenguthaben betrugen Ende März 67,844.269 Kr. 56 H., Einlagen im April 2,071.068 Kr. 33 H. Rück¬ zahlungen 753.678 Kr. 99 H., Interessen¬ — Als guthaben 69,161.658 Kr. 90 H. interessanten Vergleich hiezu bringen wir nachstehend die entsprechenden Zahlen des Jahres 1858. Interessenguthaben Ende im März 263.302 fl. 36 kr., Einlagen April 30.048 fl. 24 kr., Rückzahlungen Ende 2172 fl. 12 kr., Interessenguthaben — Diese April 1858 291.178 fl. 48 kr. Gegenüberstellung veranschaulicht, daß nicht damals der gesamte Einlagestand soviel betrug, als die Rückzahlungen in diesem einzigen Monat. Am 30. ist eine Verordnung erschie¬ nen, die die bisher im Tabakverschleiß Ein¬ bestandenen Uebelstände durch ührung der schon lange in Aussicht ge¬ tellten Tabakkarte beheben will. Alle Raucher werden in Stamm= und Ladenkunden eingeteilt. Stammkunden können alle männlichen über 18 Jahre 73 alten Personen sein. Die verschiedenen Tabaksorten werden an die Stammkun¬ den nach folgendem Schlüssel verteilt: = ½ Päck¬ 6 Zigarren = 18 Zigaretten chen Zigarettentabak = 1 Brief Land¬ tabak. Der April hatte 13 Tage Regen und 2 Tage Schnee. Die Windrichtung war überwiegend östlich, häufig südöst¬ lich, die Windstärke gering. Kein Tag war ganz vollständig wolkenlos. Mai. Die Feier des 1. Mai verlief in Steyr vollkommen ruhig. In den Brauhaussälen fand vormittags eine Versammlung und nachmittags ein Kon¬ zert statt. Der Frühjahrsmarkt am 2. war, den Kriegsverhältnissen entsprech¬ end, schwach beschickt. Eine auffallende Erscheinung bildeten die zahlreichen russi¬ chen Kriegsgefangenen, die zufolge des Brest=Litowsker Friedens sich frei be¬ wegen durften und von den gebotenen Belustigungen reichlich Gebrauch machten. Am 6. hielt der Verschöne¬ rungsverein in Steyr seine fünf¬ zigste Jahreshauptversammlung ab. Am 9. fand anläßlich des Ge¬ burtsfestes unserer Kaiserin in den Kirchen Festgottesdienst statt. Trotz des bestehenden Höchstprei¬ es für Schweinefleisch, für das Kilo 6 Kr. 80 H., wurde derselbe schran¬ kenlos weiter gesteigert. Am 14. wurde diesem fabelhaften Preis, 1 Kilo kostete im Großen 26 Kr., im Kleinen 32 Kr. bis 36 Kr., Selchfleisch 42 Kr., eine Grenze gesetzt, durch die Verlautbarung des neuen Höchstpreises. 1 Kilo kostet jetzt im Kleinen 15 Kr., Selchfleisch 20 Kr. Wie nach jeder Verlautbarung von Höchstpreisen verschwindet die Ware vom Markte und ist nur mehr im Schleichhandel erhältlich, der sich trotz der hohen Strafen immer mehr aus¬ — breitet. In Urfahr wurden für neun Kilogramm schwere Ferkel 480 Kr. ge¬ fordert. Eine Anzahl solcher Ferkel wurde beschlagnahmt. Infolge Lohndifferenzen traten am 17. die in mehreren Objekten der alten Oesterr. Waffenfabrik beschäftigten Ar¬ beiter in Ausstand. Diesen schlossen ich am 18. die Arbeiter der neuen Waffenfabrik an, nachdem morgens am Wieserfeldplatze eine große Arbeiterver¬ ammlung stattgefunden hatte. Nachmit¬ tags wurden in verschiedenen Lokalen 10

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