Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1919

70 20 bis 25 v. H. erfahren. Die Mehrein¬ nahmen die aus der Erhöhung der Tarif¬ preise zu erwarten sind, sollen die er¬ höhten Ausgaben für die Rohstoffbe¬ schaffung decken und nebstdem den durch die Einschränkung des Verschleißes be¬ dingten Einnahmeausfall wenigstens teil¬ weise ausgleichen. Durch die Einschrän¬ kung wird das Anstellen vor den Tabak¬ läden nur noch unleidlicher. Die in der Oesterr. Waffenfabrik in Beschäftigung stehenden Arbeiter die stellten am 18. gruppenweise Arbeit ein. Der Großteil derselben versammelte sich darauf beim „Goldenen Pflug“, wo Gewerkschaftssekretär Wok¬ ral eine kurze Ansprache hielt und zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ord¬ nung aufforderte. Nachmittags fand da¬ selbst eine allgemeine Versammlung der Arbeiterschaft statt. Dem Ausstand hat sich die Arbeiterschaft im Objekt Letten der Firmen Reithoffers Söhne, Huber und Komp., Winternitz Neffen, Gebrüder Heller, Bürstenfabrik Mayr, F. Werndls Nachfolger in Unterhimmel und andere Unternehmungen angeschlossen. Auch das technische Personal vom Automobil= fabriksbau hat sich dem Ausstand an¬ geschlossen. Die Ausstände der Arbeiter nehmen in ganz Oesterreich an Umfang zu. In Wien wurden die Streikenden auf eine halbe Million geschätzt. Der sozialdemokratische Parteivorstand nimmt Erklärungen des Ministers des Aeußern Grafen Czernin über die Friedensver¬ handlungen zur Kenntnis. Die Besprech¬ ungen mit dem Ernährungsminister Höfer führen dahin, daß eine Besserung im Ernährungswesen dermalen nicht gewähr¬ leistet werden kann. — Deutschland erklärt sich bereit, alles daran zu setzen um die Ernährungsschwierigkeiten zu be¬ seitigen. Steiermark Deutschböhmen, Tirol, und Kärnten verfassen schärfste Proteste in bezug auf die elenden Ernährungs¬ verhältnisse und wenden sich um Hilfe nach Berlin und Budapest. Deutschland, selbst in Not, leistet Hilfe und versorgt die arg notleidenden Ge¬ biete Deutschösterreichs. — Die Teuerung herrschte in Deutschböhmen derart, daß H. Laib Brot 3 Kr., statt 56 für 1 für Erdäpfel mindest 2 Kr. 50 H. be¬ — Im Schleichweg zahlt werden mußte. 1 Kilo Butter um 64 Kr., Mehl war um 15 Kr. erhältlich. Die Fähigkeiten der Verwaltungsbehörden konnten daher wahre „Triumphe“ feiern. In der Sitzung des Gemeinderates der Stadt Steyr am 25. erstattete der Jänner Bürgermeister einen umfangreichen Be¬ richt über die Versorgungstätigkeit der Stadtgemeinde im Jahre 1917, aus welchem hervorgeht, daß der Umsatz des StädtischenLebensmittelamtes 7,757.903 Kr. 41 H. betrug. Der infolge Heizmaterialmangel un¬ terbrochene Schulbetrieb wird am 21. wieder aufgenommen und zwar wieder als Habtagunterricht. Am 21. fand im Saale „Goldener Pflug“ eine massenhaft besuchte Ver¬ ammlung der in den Industriebe¬ trieben in Ausstand getretenen Ar¬ beiter statt. Die gemachten Mitteilun¬ gen über das Ergebnis der Verhandlun¬ gen der Vertreter der Arbeiterschaft mit der Regierung wurden mit Beifall zur Kenntnis genommen. Die Ruhe wurde — nicht gestört. Am 22. wurde die Arbeit wieder aufgenommen In der Gendarmeriekaserne fand am 24. in Gegenwart von 40 Gendarmen aus dem Bezirke Steyr die feierliche Dekorierung des k. k. Bezirkswacht¬ meisters Peter Kriechbauer mit dem Eisernen Verdienstkreuz mit der Krone am Bande der Tapferkeitsmedaille und des Vizewachtmeisters Raimund Thein¬ schnack mit dem Silbernen Verdienst¬ kreuz mit der Krone am Bande der Tapferkeitsmedaille statt. Die Ehrenmedaille für 40jährige treue Dienste wurde der Lehrerin Ka¬ roline Kratsch in Steyr verliehen. Wie in den vergangenen Jahren bildete auch im verflossenen die Ver¬ orgung der Bevölkerung mit Le¬ bensmitteln eine Hauptsorge der Stadtgemeinde Steyr. Stets großer wur¬ den die Schwierigkeiten, immer weniger konnte aus eigenem im freien Einkaufe beschafft werden, da mehr und mehr Artikel in die staatliche Bewirtschaft¬ tung übergingen. Dieser Umstand hatte eine stets sich steigernde Arbeitslast der Gemeinde zur Folge, da die Einteilung und die Ueberwachung durch ausgegebene Karten sich fortwährend vermehrte, an¬ dererseits bedurfte es vieler Vorsprachen und Beschwerden bei den vorgesetzten Behörden, um dasjenige zu erlangen — Die Ver¬ was der Stadt gebührte. orgung erstreckte sich auf Brot und Mehl, Kartoffeln, Hülsenfrüchten, Fett, Fleisch, Wild, Seefische, Käse, Milch, Eier, Kaffee, Früchte und Marmelade. Die Verordnung über den Schutz der Mieter wird erweitert und wird ohne Ausnahme für alle Orte wirksam. Am 27. wurde der Geburtstag des Deutschen Kaisers, Wilhelm II.,

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