Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1919

Dezember—Jänner. Jahr Geburten Traungen Toderfälle 301 1911 123 3•7 1912 298 411 117 159 1913 298 434 1914 312 175 425 1915 500 302 131 345 1916 147 520 1917 230 612 137 Außerordentlich ernst und vom volks¬ wirtschaftlichen, nationalen und religiösen Standpunkte aus beklagenswert ist der Rückgang der Geburten, der umso größer erscheint, je mehr die Bevölkerungszahl in Steyr im Kriege gestiegen ist. Steyr zählte mit 17.000 Einwohnern viel mehr Geburten als bei der derzeitigen Ein¬ wohnerzahl von mehr als 36.000Ein¬ wohnern! Dagegen stieg die Zahl der Sterbefälle auf 612 oder einschließlich der Verstorbenen anderer Konfessionen, die derzeit infolge der Kriegsverhält¬ nisse, insbesondere des Aufenthaltes vieler Kriegsgefangener, eine bedeutend größere Zahl von Todesfällen als sonst aufweisen, und aller Totgeborenen auf 783. Der natürliche Abgang betrug also das Dreifache des Zuwachses durch Geburten. So weist die Statistik der Stadt Wien in einer Woche 788 Todesfälle und nur 236 Geburten auf. Der Ab¬ gang beträgt daher in einer Woche 522 Personen, bei einer Einwohnerzahl von 2,293.450 Köpfe. — Dies sind Fest¬ stellungen sehr betrüblicher Art. Die Lebensverhältnisse be¬ sonders für die Mindestbemittelten und die Festbesoldeten sind äußerst trostlose Die mehr als bescheidene Zuweisung von Lebensmitteln auf die verschiedenartigsten „Karten“ reicht nicht aus zum einfachsten Lebensunterhalt. Infolge der rüksichts¬ losen, unökonomischen Eingriffe in den ohnehin stark verminderten Viehstand wird die Milchknappheit besonders in der Stadt gesteigert. Das Brot wechselt fast täglich Form und Farbe bis zum Ei¬ dottergelb infolge des zuviel von unga¬ rischen Mais. Die Mehlquote ist gekürzt, desgleichen wurde die Zuckermenge ver¬ ringert. Statt Kaffee gibt es „Kriegs“= kaffee. Mit Kartoffeln wird sparsam umgegangen, denn diese sind die einzige ausgiebige Mahlzeit. Schweine werden für das Kilo mit 14 bis 16 Kronen und höher bis 24 Kronen gehandelt, trotzdem der Höchstpreis mit 8 Kr. 60H. für das Kilo besteht. Doch an all diesen Entbehrungen und Wucherpreisen bei Lebensmitteln sind die zügellose Ver¬ waltung und insbesonders die Zent¬ ralen schuld. 69 Die Spareinlagen bei beiden Banken und bei der Sparkasse steigerten sich bedeutend. Die 10=Heller=Nickelmünzen werden nicht mehr in Zahlung genommen, da dieselben eingezogen wurden. Im Dezember fiel an 10 Tagen Schnee und an 1 Tag herrschte Regen¬ wetter. Fast im ganzen Monat herrschte Bodenfrost. Es war kein Tag vollständig wolkenlos. Die Windrichtung wechselte zwischen West und Ost, die Windstärke war gering. Musikdirektor Franz Bayer. Jänner 1918. Infolge des noch immer herrschenden Brennstoffmangels können die Volks= und Bürgerschulen in Steyr bis auf weiteres nicht eröffnet werden. Für 40jährige treue Dienste wurde Michael Löw, Vorarbeiter der Oesterr. Waffenfabrik in Steyr die Ehrenmedaille zuerkannt In Molln starb am 7. Jänner der hervorragende Rechtslehrer an der Wie ner Universität Hofrat Schrutka von Rechtenstamm, im Alter von 66 Jahren. Die Musterung des Geburts ahr¬ ganges 1900 wurde verlautbart und vom 14. bis 28. durchgeführt. Die Preiserhöhung der Ta¬ bakerzeugnisse wurde am 15. amt¬ lich kundgemacht. Eine große Anzahl von Fabrikatensorten wurde aufgelassen. Die Preise der Gespunste und Schnupftabake haben durchschnittlich eine Erhöhung um

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