Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1919

115 ein vorübergehender Student, und der Damen wollten sich trotz des kleinen höfliche Hochschullehrer dankte, und zu¬ Verlustes schier totlachen. Desto mürrischer war der Professor. gleich die Flasche, die er bisher krampf¬ Als ihm ein Hausierer auf dem Flur haft festgehalten, fallen ließ. Ein wür¬ ziger Duft erfüllte den Raum vor der anredete: „Können sie keine Hosenträger brauchen?“ rief er ärgerlich: Hosen¬ Haustür Die Frau Professor hatte dies vom träger — Hosenträger? Ach was, brauche Fenster aus mit angesehen, und die drei ich nicht, ich trage meine Hosen selbst!“ Schicksal. Erzählung von Mathilde Bertalot. (Nachdruck verboten.) halte das auch aus! Da braucht man [Hach tagelangem, anstrengendem # Marsche, den nur kurze Rast un¬ eiserne Nerven! Ich werde doch mal mit unserm Doktor sprechen, ob wir sie terbrochen, langte das Bataillon in nicht lieber ein paar Tage hinter die dem französischen Dorfe an, wo es die Reservestellung beziehen sollte. Front schicken, ehe sie uns zusammen¬ klappen.“ Major Hagen und Hauptmann Rech¬ lin hatten in einem französischen Bauern¬ „Verzeihung, Herr Major, wenn mein Temperament wieder mal mit mir haus Quartier bezogen. Der einzige Raum, der einigermaßen wohnlich war, durchging, aber das ist auch ... ver¬ diente zugleich als Dienst=, Wohn= und flucht ... es ist rein zum toll werden!“ „Na, bester Rechlin; so schlimm wird Schlafzimmer. Dürftig genug sah es wohl die Sache nicht sein, und wenn freilich aus, aber die Sonne, die durch die kleinen Scheiben fiel, ließ selbst die die Post anlangt, da vergißt man doch alles, da schwindet aller dienstlicher grauen, trostlosen Mauern hell und Aerger. Das ist doch allemal ein freu¬ freundlich erscheinen ... diges Ereignis. Sie haben heute sogar Karl=Heinz Rechlin saß an dem Tisch einen Brief erhalten. Und jetzt diese in der Mitte der Stube. Den Kopf hatte Stimmung! Ich mußte mich mit einer er schwer in die Hand gestützt, und die Karte begnügen. Meine Frau schreibt, Augen blickten ins Leere; nur zuweilen flammte es dunkel in ihnen auf. Ein un¬ daß sie diesmals unmöglich Zeit zu einem längeren Brief habe, denn die Kriegs¬ säglich bitterer Zug lag um den fest¬ kinder bedürfen ihrer dringend. Sie geschlossenen Mund, und in der geballten Rechten hielt er ein zerknittertes Papier. hat ihre helle Freude an den Kleinen. Ich glaube, sie vergißt darüber alles Als Major Hagen eintrat, grüßte ist eine prächtige Frau!“ Ein warmes der Hauptmann kurz und ging ans Fenster; das Papier schleuderte er in Leuchten stand in den gütigen, grauen Augen, und lächelnd steckte Major Ha¬ eine Zimmerecke. Der Major lächelte; gen die erhaltene Karte zu sich. er kannte den heißblütigen, jungen Karl=Heinz Rechlin blickte hinaus in Offizier die untergehende Sonne, die die Wolken „Hören sie, lieber Rechlin,“ meinte mit goldenen Rändern umsäumte, und er dann ernster, „sie werden mir nach¬ in seinen Augen glühte verhaltenes Weh. gerade unheimlich leicht reizbar und ner¬ Von draußen hörte man das Weinen vös. Sie sind mir ja so nötig wie das eines Kindes. Da zuckte er wie in liebe Brot, Kamerad, aber der Teufel 15

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