100 ber, innen schwer vergoldet, außen präch¬ tige, zierliche Filigranarbeit. Der Deckel trägt in freier Figur den hl. Mauritius, den Patron der Messerer mit dem Zunft¬ wappen. Ferner hing der sog. „Adels¬ ring“ als Zeichen daran, daß die Mes¬ sererzunft das Recht des Bezuges des Zehents hatte. Es war eine schöne Sitte, daß beim Freispruch die Meister¬ söhne wertvolle, alte Silbergeldstüke an dem „Willkomm“ befestigten, als dau ernde Erinnerung an diesen feierlichen Augenblick. Am Boden des „Willkomm“ befindet sich folgende Innschrift: „Gehörig einer ehrsamen Messer¬ schmied=Bruderschaft. Verfertigt den 1. April 1817 von Anton Gemböck senior.“ Von dieser Stunde an mußten die neugebackenen Gesellen zu den älteren „Du“ sagen, weshalb man die Gesellen¬ lade auch oft „Bruderschaftslade“ nannte. Abends wurde auf der Herberge der sog. „Jahrtag“ gefeiert, eine echt bür¬ gerliche Festlichkeit, auf welche sich alle Angehörigen der Zunft mit ihren Fa¬ milien schon das ganze Jahr hindurch freuten. Festlich gekleidet fuhren die Messerer mit ihren Frauen und erwachsenen Kin¬ dern in die Herberge, wo eine Musik¬ kapelle spielte. Für die Gesellen gab es ein sog. „gedungenes Mahl“, das heißt, jeder zahlte einen Gulden und bekam dasselbe: Suppe, Braten mit Salat und Torte. Die Freigesprochenen mit dem „Gesellenvater“ in der Mitte wurden an die Ehrentafel geleitet, der „Will¬ komm“ machte die Runde und allüber¬ all gab es heitere zufriedene Mienen. Zum „Jahrtag“ hatten nur Angehörige der betreffenden Innung, die Großkauf¬ leute aus der Stadt und Vertreter der Gemeinde Zutritt. Die schönen, alten Innungsschilder waren an diesem Tage von den Lehrbuben hübsch bekränzt wor¬ den, sie wurden an diesem Abend auch bewirtet, erhielten eine sog. „Gschnoatel¬ suppe“ und eine Maß Bier und saßen an einem besonderen Tisch im Gastzim¬ mer beisammen. Alsbald wurde getanzt nach Herzens¬ lust, unter anderem der sog. „Krebsen¬ polka“, der „Schwäbische“ und zum Schlusse jedesmal der altberühmte „Pol¬ stertanz“. In der Raststunde wurde vor¬ getragen und gesungen und so manches schöne Almlied des „Schosser Toni“ zauberte den Fröhlichen die Schönheit der Alpenwelt um Steyr vor die Sinne. Beim Tanze behielten die Tänzer den mit einem mächtigen „Buschen“ geschmück¬ ten Hut am Kopfe, wahrscheinlich, um einen möglichst günstigen Eindruck auf die schönen Bürgerstöchter hervorzu¬ bringen. So streng und einfach im ganzen Jahre die Lebensweise der damaligen Handwerker war, am „Jahrtage“ wurden der Fröhlichkeit keine Schranken gesetzt und selbst der darauffolgende „Jahrtag¬ montag“ war auch noch ganz frei. Nach einem kurzen Nachmittagsausfluge gab es gewöhnlich abends noch eine lustige Fortsetzung auf der Herberge. Arme Nachtwächter! Zu diesen Zei¬ ten habt ihr so manchen schlimmen Streich über euch ergehen lassen müssen! Wenn ihr Braven, mit Laterne und einer eiser¬ nen Hellebarde bewaffnet die Stunden ausriefet: „Merkts auf, meine Herren und Frauen! Und laßt euch sagen, Der Hammer, der hat zwölfe g’schlagen; Gebt acht auf Feuer und auf Licht, Daß heut' Nacht kein Unglück g'schieht!“ Da gab es schon so manches un¬ liebsame Echo, erzeugt durch die lustigen „Jahrtagheimkehrer“ Ja, du wack'rer alter Oberlehrer Irk von der Aichetschule, du Tausendkünstler, Uhrmacher, Elektriker, deine weisen Mah¬ nungen und Lehren waren rasch ver¬ gessen, wenn die Buben die beiden „Augen des Gesetzes“ die Hüter der städtischen Ordnung, mit den edlen Na¬
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