Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1918

395 ringsum in einer sagenhaften Monddäm¬ mummten, mit riesigen Filzschuhen ange¬ merung schwamm, flog der Gedanke tanen Braunschweigern in der vordersten hinaus zu dem ungeheuren Ring, den Linie: „Solcher Krieg ist eine moralische jetzt alle diese lebendigen Leiber, diese Frage. Drum müssen wir ihn gewinnen.“ todbereiten Seelen um Deutschland schlie¬ Als wir heimgingen, erst durch die ßen; zu dem edelsten, kostbarsten Schutz¬ verödeten Dörfer hinter der Front, dann wall, den je ein so großes, in so heißem durch fröhlich belebte, die mit ihrem Schaffen glühendes Land um sich gehabt feierabendlichen Treiben, ihren Zurufen hat; an manchen Stellen still, wartend, in deutschen Mundarten, ihrem Holz¬ unerschütterlich wie hier, an andern um¬ rauch aus den Schornsteinen fast einen tobt, bebend, unterwühlt, neu gebaut und Hauch von deutsch=heimatlichem Idyll gekittet mit Opferblut, nicht weichend. hatten, endlich das verödete Bahngeleise Der Gedanke versank in Schauern der entlang — da war zu der alten Wärme, Andacht, ward zu Gebet und heißquel¬ die die Worte Volk und Vaterland er¬ lendem Dank. Dank an die gewaltige regen, noch ein neues Feuer der Liebe Gemeinschaft, die unser Dasein ans Ewige entzündet. So leben nun Tausende und knüpft; die unser kleies Ich so innig ver¬ Abertausende von unsern Brüdern, traut umschließt und in die Unendlich¬ wenn's gut geht; vor toddrohenden keit mündet. So hat mancher in dieser Minen, unter sausenden Granaten, in Zeit seinen Gott gefunden, der ihn sich aller Unbill, des Wetters (die wir selbst bei andern Besuchen an düsteren Aben¬ verloren glaubte. den reichlich kennen lernten), aus vierzig¬ Bange Frage: und wer in solcher jähriger Friedenslässigkeit und =behaglich¬ Stunde nicht mit in der Nähe stehn keit in einen Zustand geworfen, der sie darf? Wieviel andere Hingabe, letzte zur Bedürfnislosigkeit von Halbwilden gläubige Aufopferung wird nötig sein, hinabzwingen mochte, — und dennoch fro¬ um zu andrer Zeit mit in der Reihe hen Glaubens und freudiger Hingabe stehn zu dürfen! In einer Reihe, der voll; dabei ohne große Geste, ohne Prah¬ solche Opfer geweiht wurden! lerei, mit der Selbstverständlichkeit, mit Auf der Strecke kamen dampfende der der Bauer zu Hause pflügt, der Ar¬ beiter seine Maschine bedient, der Lehrer Feldküchen gefahren. Aus einem Dorfe seine Stunden hält und der Ingenieur seitab klang von einer Kapelle gespielt seine Verantwortlichkeiten ausfüllt; ein¬ ein Soldatenlied durch die Nacht. Sol¬ fach auf Posten. Diesmal aber im un¬ daten stampften übers Feld herüber, Zu¬ mittelbarsten, eigentlichsten, unbildlichsten rufe erschollen. Wie eine adelnde Ehrung Sinne: mit dem eignen Leib und Leben. sondergleichen klang die Anrede: „Kame¬ Und während die fremde Landschaft rad!“ 7 6 Werden Sie Mitglied des Oesterreich. Flottenvereines!

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