Benediktinerstiftes Garsten, gekommen. Wie erschrack die arme Ploni. Er war ihr Katechet gewesen und seit langem erster Kaplan an der Stadtpfarrkirche in Steyr. Lampl sprach sie in väterlichem Ton an, redete von der unendlichen Barmherzig¬ keit Gottes und von der Freude des Wiedersehens mit ihrem Kinde im Himmel. Er tröstete sie und versprach ihr auf den letzten Gang ein treuer und hilfreicher Begleiter zu sein. Als er ging sagte er, morgen wieder zu kommen. Inzwischen war es draußen finster geworden und die gütige Mutter Natur senkte über Stadt und Ploni den Schleier des Schlafes. Vor Ermattung schlossen ich bald die rotgeweinten Augen und sie wäre am glücklichsten gewesen für immer einzuschlafen, denn dadurch wäre ihr neuerliche Schande und Qual erspart geblieben. * * * Das Urteil an der Tagwerkerstochter Apoklonia Schreinhueber fand die ganze Stadt gut und jedermann lobte die Richter, daß sie die Welt von solcher chlechten Person befreiten. Man wünschte sie zu sehen und nächsten Morgens konnten die Leute kaum die Stunde er¬ warten, wann die Sünderin zur Schau ausgestellt werde. Doch wie bitter waren ie auf die Nachricht getäuscht, daß erst kommenden Tages die Hinrichtung statt¬ finde. Unwillig und langsam zerstreute sich die Menge. Lampl war in früher Stunde gekommen, um ihr Trost zuzu¬ sprechen, denn er wollte ihr das Ster¬ ben leicht machen. Plonis letzter Tag war angebrochen. Unruhig hatte sie in steter Todesangst die Nacht verbracht und als ihr zeitlich der Henker das aus grober Leinwand gewebte Armsünderkleid brachte, ein Tischchen mit Kruzifix und zwei brennenden Kerzen zu¬ recht stellte, zuckte sie zusammen. Ihr Mund verzerrte sich, krampftes Schluchzen erfüllte die kleine Zelle. Der Henker frug sie nach ihrem letzten Wunsch. Doch sie achtete nicht seiner Worte, wußte sie, daß 361 jetzt ihr Leben nur noch Stunden zähle. Weinend warf sie sich vor dem Bild des gekreuzigten Gottmenschen, von ihm hoffte sie alleinige Stärkung und ihm vertraute sie sich gleich ihrer Seele an. Inzwischen war Lampl gekommen, hatte sie in ihrem heißen als inbrünstigen Gebet unbeachtet gehört und als sie schluchzend zusammensank, hob er sie liebevoll auf und sagte: „Schau an Gottes Lamm, das hinweggenommen hat unsere Sünden¬ last von der Welt und in diesem Blute wir reingewaschen werden von allen Sünden.“ Ploni sah ob solch weihevoller Rede auf. Die Stimme aus sonnigen Kindertagen kam ihr wie Glockenklang vor. Dankend küßte sie seine Hände. Er hob sie auf und sprach ihr Trost. Dann betete er mit ihr. Der Kalender bekundete den 29. No¬ vember 1573. Eisiger Nordwind wehte über die Stadt. Trotzdem wars seit dem ersten Morgengrauen auf dem Stadtplatz rege. Eine unübersehbare Menge um¬ stand das Hirschenhaus und den vor dem¬ selben stehenden Pranger. Jeder wollte ich ein gutes Plätzchen sichern, um die Schreinhueberin gut sehen zu können. Fuhrwerke konnten infolge riesiger An¬ sammlung nicht durchdringen. Die Kirch¬ turmuhr verkündete eine Stunde nach der anderen und noch nicht wurde die Täterin zum Pranger geführt. Plaudernd standen Leute gruppenweise und erzählen die chauderndsten Dinge. Nach stundenlangem Warten öffnete sich das Tor und von vier Landsknechten begleitet, schritt Ploni einher, das Armensünderkleid angezogen, und die Schandlarve der Kindes¬ mörderinnen über das Gesicht gestulpt. Mit größter Mühe wand sich der kleine Zug durch die gaffende und erregte Menge. Eine Stunde sollte sie ausge¬ stellt sein und dann ihren letzten Gang antreten. Landsknechte ketteten das Mäd¬ chen an den steinernen Pfahl und einer hielt Wache, um sie vor Tätlichkeiten zu schützen. Die Stunde — für die Armsünderin gleich dem wachenden Landsknecht eine
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