Richter frugen sie, ob sie vielleicht Zau¬ bermittel, Herentränke gebraucht habe um die Folgen früherer Liebschaften zu vertreiben. Da sie nichts einbekannte, wurde sie neuerlich mit glühender Zange gezwickt und als sich diese in das Fleisch grub, frug sie der Richter, ob sie durch Tränke die Leibesfrucht abge¬ trieben habe und wieviele Male. Der Richter zählte langsam einmal. Keine Antwort folgte. Die Duldnerin schwieg. Das Fleisch prasselte und tiefer grub sich das erhitzte Eisen ins Fleisch, ver¬ sengenden Geruch verbreitend. Zweimal, dreimal, — viermal. Der Schmerz betäubte das Wahrheitsgefühl. Die Ge¬ peinigte gestand — viermal. Befriedigt und zugleich entrüstet gebot der Stadt¬ richter die Tortur einzustellen. Die Ge¬ folterte wurde aufs kalte Steinpflaster gelegt, sowie mit Essig und Wein gestärkt. Inzwischen beriet der Gerichtshof, welche Strafe diesem schauerlichen Verbrechen gerecht sei. Die Carolina, jene hochpein¬ liche Gerichtsordnung, welche über An¬ ordnung Kaiser Karls V. verfaßt worden war, wurde durchblättert, aber die darin aufgezählten martervollen Todesstrafen schienen dem hartherzigen Steyrer Gericht zu milde. Endlich einigten sich die Ge¬ richtsherrn auf Pfählung. Zuerst sollte die Mörderin als warnendes Bei¬ spiel auf den Pranger gestellt oder mit der Geige*) durch die Stadt geführt werden, damit sie die Leute sehen. Man entschied sich nach langem Beraten fürs Prangerstehen. Ebenso wurde beschlossen, die Hinrichtung bereits in den nächsten Tagen zu vollziehen. Mit lauter Stimme verkündete der Stadtrichter das Todesurteil und zum Zeichen dessen Unveränderlichkeit brach er über die Arme einen schwarzen Stab. Doch die vielen Peinigungen und der maßlose Schmerz hatten die Arme teil¬ nahmslos gemacht und ohne mit einer *) Die Geige bestand aus zwei Brettern, welche wie eine Schänier zusammenklappbar waren. Diese hatte drei Oeffnungen, eine für den Hals und zwei für die Hände In diese wurden Hals und Hände gespannt und der Benker führte die in die Geige Gespannte mittelst Aette durch die Straßen 359 Augenwimper zu zucken, vernahm sie das Urteil, denn schon längst hatte sie mit der Welt abgeschlossen. Die Menschen waren ebenso hartherzig mit ihr gewesen als die Richter, welche für ihre ver¬ zweifelte Tat kein Mitleid kannten. Bald hatten die Richter das Gelaß ver¬ lassen und Ploni ward von zwei Schergen ins Gefängnis geschleppt. Dröh¬ nend schloß sich die Tür. Das kleine, stark mit Eisenstäben vergitterte Fenster ließ einen matten Schein der scheidenden Sonne werfen und küßte sanft die Arme. Der Ennsfluß säuselte ihr Lieder aus goldenen Tagen zu. Schmerzen, Mattig¬ keit und Angst waren die einzigen Ge¬ fährten in der Zelle. So war ihr Leben gewesen, verachtet von den Menschen, ver¬ lassen von aller Welt, von den Eltern, selbst vom Geliebten, hatte sie wochenlang im Wald ein äußerst kummervolles Leben geführt. Als ihr des Schicksals Last zu schwer war, sproß mörderischer Gedanke im Hirn und sinnverwirrt ward durch die Mutter das Kind zur Leiche. Bald war der Schleier der Umnachtung gefallen. Doch geschehen blieb die Tat, so wahn sinnig sie sich auch gebärdete. In ihrem Herz trug sie Kains Zeichen. Nochmals drückte sie die kleine Leiche an die Brust. Inmitten dichten Gebüsches scharrte sie unter Schluchzen das kleine Grab. Der Boden war schon hart gefroren und die hageren Hände konnten mit größter Mühe eine drei Schuh tiefe Grube wühlen. In ihr letztes Tuch hüllte sie die kleine Leiche und legte diese sacht hinein. Bald schloß sich das Grab. So zogen die letzten Begebenheiten ihres freudelosen Lebens vorüber. Da wurde sie durch schwere Schritte aus dem wachenden Traum geschreckt. Schritte hallten näher und vor ihrer Tür hielten sie. Wuchtig öffnete sich diese und in Begleitung des Kerkermeisters kam Wolfgang Lampl*), Konventual des *) Campl war gleich den meisten Stiftsgeistlichen von Garsten ausgesprochener Protestant und als solcher ver¬ kündete er von der Kanzel der Stadtpfarrkirche in Sterr die lutherische Lehre, schaffte die noch bestehenden Prozessionen und Funktionen der Katholiken ab. Sterr war um seine Zeit protestantisch.
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