Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1918

286 einander merkwürdig ver# ändnisinnige Damen aus der Stadt, besonders abends, Blicke zuwarfen. wenn das Plauderstündchen naht Frau Oekonomierat Krause freilich Die Frau Amtsgerichtsrat erklärt hatte dies bemerkt, und mit einer be¬ zwar, sie könne diese Einladung nicht so zaubernden Liebenswürdigkeit sagte sie in ohne weiteres annehmen, aber Frau einem Tone, der etwas so ungemein Krause wiederholt ihre Bitte in so ent¬ Selbstverständliches in sich hatte: schiedenem Tone und auch ihr Sohn „Aber meine verehrte Frau Amts¬ schließt sich dieser an, daß sie schließlich gerichtsrat, darf ich mir da vielleicht einen nachgeben muß, und man einigt sich da¬ Vorschlag erlauben? — Durch meinen hin, daß Tilde dieses Jahr ihre Nachkur Sohn hörte ich, daß sich Ihr Fräulein bei Krausens halten wird ... Tochter gerade immer in unserer Luft so wohl fühlt. Vielleicht ist doch das viele Frau Amtsgerichtsrat Heise hatte Eisentrinken auf die Dauer nicht gut. diesmal ihre Badekur nicht zu bereuen Möglicherweise genügt es, wenn sie hier gehabt. Deren Ergebnis war höchst zu¬ in unserer prachtvollen Natur spazieren friedenstellend, besonders was die Nach¬ geht und sich recht viel im Freien — kur ihrer Tochter Tilde anbetraf, denn am besten auf dem Lande — aufhält. diese hatte sich ein Jahr später mit Lassen Sie sie die Nachkur doch hier bei Fritz Krause verlobt, nachdem jener eines uns nehmen, wir haben so viel Platz Tages seiner Mutter die berühmten Wor¬ in unsern Gastzimmern, und bei den vie¬ te gesagt hatte: Die — oder keine! len Leuten kommt es ja wahrlich auf „Ja, ja“ — sagte sich Frau Amtsge¬ einen Esser mehr oder weniger nicht an. richtsrat Heise im stillen — „bei Bade¬ Ich habe junge Mädchen sehr gern um kuren sind die Nachkuren manchmal das mich, auch mein Mann liebt die jungen wichtigste....“ Die schone alte Uhr. Skizze von D. Eich=Stein. Nachdruck verboten. Sie ist uralt, die schöne alte Uhr. brochenes Zifferblatt ließ alle Räder und Wie viele Menschenleben hat sie schon Räderchen sehen, und Amor, der böse überdauert. In Uhrgroßmutters Putz¬ Knabe, schmiedete mit jedem Stunden stube hat sie schon gestanden. Ihr Kleid schlag einen neuen Pfeil auf Vulkans ist von dunkelglänzendem Mahagoniholz. Amboß. So hell tönte sein Schlag, und Alabastersäulen und Bronzebeschläge sind so eifrig war Amor an der Arbeit. Seine der festtägliche Ausputz. Und nun Blicke schienen zu sagen: „Du junges gar ihre Rückwand, die war früher für Volk, nimm Dich in acht; auch Deine Zeit Friedel Wallhausen etwas zu Wunder¬ kommt heran, dann treffe ich auch Dich.“ bares gewesen. Der im Halbrund einge¬ Elfriede Wallhausen saß mit ge¬ setzte Spiegel war immer so strahlend schlossenen Augen in der Sofaecke. Wo blank, und wenn Friedl vor der alten weilten ihre Gedanken? Die durcheilten Uhr stand, dann hatte das Kind gedacht, im Fluge Vergangenheit und Gegenwart nun müsse sich der Spiegel drehen und und versuchten auch das Dunkel der Zu¬ etwas ganz Märchenhaftes zum Vorschein kunft zu lichten. Aber wem gelang das kommen. Aber was am meisten ihre In Friedels Behausung stand noch Phantasie beschäftigte, war doch die Krö¬ so manches schöne Stück aus Urgroßmut¬ nung, die alte Uhr selbst. Ein durch¬ ters Putzstube und ließ alles so lebendig

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