196 leibgarden, an der linken Seite acht Königl. Ungar. Trabantenleibgarden mit ihren Chargen. Weiter gingen rechts acht Leibgardereiter und links acht Leib¬ gardeinfanteristen, außerdem zu beiden Seiten je sechs Leiblakeien. Sechs Ar¬ cierenleibgarden und sechs Ungarische Leibgarden mit je einer Gardecharge folgten zu Pferde. Zwei Hofreitknechte mit Laternen und zwei zweispännigen Hofwagen mit dem Kammerpersonale weiland des Kaisers bildeten den Schluß des Zuges, der langsam und feierlich aus dem Schloßhofe kam. Der Abend war schön und über Schönbrunn erstrahlten Sterne, als der Zug den Schloßhof ver¬ ließ und sich über die Schloßbrücke durch den Vorpark gegen die Mariahilferstraße bewegte. Als das Ende des Zuges das Gitter passiert hatte, schloß sich die Es¬ kadron des Dragonerregimentes Nr. 3 an. Die Schloßwache war zum letzten Male vor Kaiser Franz Josef ins Ge¬ wehr getreten. An den dichtgedrängten Spalieren vorbei bewegte sich nun der Zug über die Mariahilferstraße zur Ringstraße. Hier hatten sich schon vor 8 Uhr abends viele tausende Menschen eingefunden. Die Fenster der Häuser waren zumeist be¬ leuchtet. Die Straßenlaternen und die Glühlampen auf den hohen Masten waren umflort. Vor dem schwarzdrapierten Burgtore leuchteten die vom Winde bewegten offenen Flammen der Gaskandelaber, auf den hohen Pylonen brannten Lichter. * Um 11 ½ Uhr nachts kam der Trauerzug beim Burgtor an. Die Wache trat ins Gewehr. Wehmütig klagend klang der gedämpfte Ton der Trompete. Der tote Kaiser hielt seinen letzten Ein¬ zug in die Burg seiner Ahnen. Eine tiefernste, feierliche Stimmung ergriff alle Anwesenden. Die zahlreichen auf dem äußeren Burgplatz aufgestellten Offiziere salutierten. Die Männer ent¬ blößten ihr Haupt, als der Wagen mit dem Sarge vorüberfuhr. Der feierliche Zug bog in den Schweizer Hof ein und hielt an der Bot¬ schafterstiege, wo die Leiche von den Hof=Würdenträgern und der Hofgeistlich¬ keit erwartet wurde. Hofsaalkammer¬ diener und Leiblakaien ließen den Sarg vom Wagen herab. Hof= und Burgpfarrer Dr. Seydl segnete die Leiche abermals ein, worauf der Sarg von den Hofsaalkammerdienern und Leiblakaien in die Hofburgpfarrkirche gebracht wurde. In der Kirche hatten sich eingefun¬ den: Ihre Majestäten Kaiser Karl und Kaiserin Zita sowie die Mitglieder des Allerhöchsten Herrscherhauses, die teils aus Schönbrunn hergefahren, teils von ihren Palais kamen. * Am 29. November, kurz vor 8 Uhr bevor allgemein der Zugang zur Hof¬ burgkapelle erlaubt war, erschien Bür¬ germeister Dr. Weiskirchner mit den Vi¬ zebürgermeistern und legte an der Bahre einen großen Kranz für den ersten Bür¬ ger dieser Stadt nieder. Am folgenden Tage der Aufbahrung herrschte ein großer Andrang. In der Stunde wurden 1400 bis 1500 Personen eingelassen. * Am 30. November wurde weiland Kaiser Franz Josef I. zur ewigen Ruhe gebettet. Souveräne, Fürsten, Prinzen und Spezialbevollmächtigte schritten hinter seinem Sarge, aus allen Gauen Oester¬ reichs waren die Bewohner herbeige¬ strömt, um Zeugen des ernsten Augen¬ blickes zu sein. Ungarn hatte seine besten Söhne hergesendet, damit sie dem Ver¬ ewigten die letzte Huldigung darbringen und das gab der Trauerfeier einen cha¬ rakteristischen Einschlag. Wien aber, das Herz, in welchem alles Fühlen des öster¬ reichischen Volkes zusammenfloß, legte seinen Schmerz und seine Trauer in so ergreifender Weise an den Tag, wie es selbst in dieser kaisertreuen Stadt noch nie gesehen wurde. Von früher Morgen¬
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