Durch die Allee des Vorparkes roll¬ ten gegen 9 Uhr in langer Folge Hof¬ wagen und Trauerequipagen. In tiefste Trauer gekleidet fuhren die engsten Fa¬ milienangehörigen, soweit sie nicht schon in Schönbrunn weilten, beim Schlosse vor. Weit öffneten sich die Gittertore und die Wache trat ins Gewehr. Ueber den Schloßhof fuhren die Wagen zur Stiege, und die Angehörigen der Allerhöchsten Familie begaben sich ins Schloß. Im Schloßhofe hatte sich indessen der mäch¬ tige Kondukt aufgestellt. Der von acht Rappen gezogene, schwarz drapierte Lei¬ chenwagen hielt bei der großen Frei¬ treppe des Schlosses. Aus den Laternen vor dem Schlosse, die mit Trauerflor umhüllt und deren Brenner und Glas¬ kugeln abgeschraubt waren, flackerten mächtige Lichtsäulen. Die zehnte Stunde nahte, und in dem Gemach, in dem der entseelte Leich¬ nam weiland Sr. Majestät des Kaisers im Sarge ruhte, versammelte sich die Allerhöchste Familie. Nur die nächsten Angehörigen des toten Monarchen waren um den Sarg vereint. Ihre Majestäten Kaiser Karl und Kaiserin Zita waren aus Ihren Gemächern gekommen. Ferner viele Hof=Hoheiten. Lautes Schluchzen ertönte, als die Hofgeistlichkeit sich im Saale einfand und Hof= und Burgpfarrer Prälat Dr. Seydl mit großer Assistenz die Leiche des Mo¬ narchen einsegnete. Der Einsegnung wohn¬ ten auch die Würdenträger bei, die am Zuge teilnahmen. Tiefbewegt folgten das Kaiserpaar und die Mitglieder des Aller¬ höchsten Hauses der Zeremonie. Als Prälat Dr. Seydl die Ein¬ segnung beendet hatte, hoben Hof¬ aalkammerdiener und Laiblakeien den schweren Metallsarg, in dem der mit schwarzem Samt überzogene Sarg mit der Allerhöchsten Leiche ruhte, und trugen ihn, gefolgt von Ihren Majestäten und den Mitgliedern des Allerhöchsten Kaiser¬ hauses, bei dem Scheine von Wachswind¬ lichtern die große Freitreppe des Schlos¬ ses hinab. Auf der Stiege bildete Leib¬ 195 gardeinfanterie Spalier. Vor dem Sarge chritt die Geistlichkeit. Als Begleitung neben dem Sarge gingen, geführt von dem Edelknabenhofmeister Hofrate Rit¬ ter von Rößler, die Edelknaben. Sie trugen brennende Wachswindlichter. Sechs Arcierenleibgarden und sechs un¬ garische Leibgarden, acht k. k. Trabanten¬ leibgarden und acht Königl. Ung. Leib¬ garden mit ihren Chargen, acht Leib¬ gardereiter und acht Leibgardeinfanteri¬ sten mit ihren Chargen bildeten die Be¬ gleitung der kaiserlichen Leiche auf dem Wege zum Wagen. Dem Sarge folgten tiefgebeugt des toten Kaisers treue Pa¬ ladine. Halblaute Kommandoworte ertönten draußen vor dem Schloßplatze. Die Es¬ kadron der Kaiserdragoner setzte sich in Bewegung, um den Zug zu eröffnen. Ihn eröffneten zwei Hofreitknechte mit Laternen, die der Eskadron, die sich drau¬ ßen an die Spitze des Zuges setzte, vor¬ ausritten. Nach der Reitereskadron kam ein Hofeinspanier zu Pferde. In einem zweispännigen viersitzigen Hofwagen fuh¬ ren die Kammerdiener des toten Kai¬ ers. Vor dem dann folgenden sechs¬ spännigen Hofstaatwagen mit den drei Flügeladjutanten ritt Hofoberkommissär Martinz. Zwei Hofreitknechte mit La¬ ternen folgten. Nun kamen in einem sechs¬ spännigen Hofstaatswagen die beiden Ge¬ neraladjutanten Graf Paar und Freiherr von Bolfras, hinter denen wieder zwei Hofreitknechte mit Laternen ritten. So¬ dann folgten in einem sechsspännigen Hof¬ taatswagen die fürstl. Kämmerer. Vor und hinter dem dann folgenden sechs¬ spännigen Hofstaatswagen, in dem der Erste Obersthofmeister Fürst Montenuovo mit dem Stabe saß, ritten wieder je zwei Hofreitknechte mit Laternen. Sodann kam der von acht Rappen gezogene, schwarzdrapierte Leichenwagen mit dem Sarge, ein Wunderwerk der Holzbildhauerkunst mit einer geschnitzten Kuppel und massiven zehn Doppeladlern. An der rechten Seite des Leichen¬ wagens schritten acht k. k. Trabanten¬ 13*
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