188 leiten zu können, als durch Anhören einer heiligen Messe und es schien ihr ein gutes Zeichen zum Gelingen ihres Vorhabens zu sein, daß der Abt, der erste Vertreter des geschädigten Klosters und der oberste Herr des im Maierhofe von ihren Gatten er¬ schlagene, dem Kloster leibeigenen Haus¬ maiers, selber diese heil. Messe las. Der Abt schien ihre Anwesenheit in der Kirche erst nicht zu bemerken, erst als er am Schluße der heiligen Handlung das Weihwasser den Betenden reichte, machte er der Losensteinerin eine kaum merkliche Verbeugung und sah sie so ruhig und doch so klar an, daß Frau Rosamunde erkannte, er errate die Absicht, warum ie hiehergekommen war und billige die¬ selbe. Und wirklich trat ihr beim Ver¬ lassen der Kirche der Pater Prior ent¬ gegen und sagte ihr in seiner ruhigen Weise, der Abt sei soeben in das Sprech¬ zimmer gegangen und wäre gerne bereit, etwaige Wünsche der edlen Frau ent¬ gegenzunehmen. Frau Rosamunde folgte denn auch dem Prior dorthin, wollte sich aber so¬ gleich zurückziehen, als sie darin den Abt im Gespräche mit drei Leuten traf, zwei leibeigene des Klosters, wie ihr scharfer Blick auf den älteren Mann und den netten, einige zwanzig Jahre alten Burschen ihr sagte, die in ehrerbietiger Haltung vor dem Abte standen und einer still weinenden, hübschen Dirne im Er¬ zählen eines ihnen widerfahrenen Leides behilflich zu sein schienen. Das Mädchen war Tina, die Tochter des gelben Tobias und der junge Bursch ihr Bräutigam Gerhardt, der Sohn des vom Losen¬ teiner im Zorne erschlagenen Garstener Hausmaiers. Der Abt trat rasch zu der Edelfrau und auf die drei weisend, meinte er mit tiefsinnigem Lächeln: „Sind unser beide Leibeigenen, edle Frau, und an den Folgen des Brandes stark beteiligt — so ihr es erlaubt, mögen die hier bleiben, vielleicht hat euer feinsühliges, stets mitleidiges Herz ein Fünkchen Trost für alle drei im all¬ gemeinen und für das Mädchen im be¬ sonderen — kann sie aber auch weg¬ schicken, so ihr, edle Frau, an mich ein Anliegen habt, das mit den Folgen der chlechten Bewirtung eures Gemahls in unserem Kloster nicht im Zusammenhange möchte sein!“ Und er sah Frau Rosamunde ernst und fragend an. Diese aber war froh, über die peinlichen, einleitenden Worte über den Zweck ihres Besuches sogleich hinweggekommen zu sein und ahnte, daß ihr vielleicht diese drei Menschen eine Handhabe würden dazu bieten können, daß ihr heutiger Besuch hier in nicht allzu für sie und ihren Gatten demütigen¬ derweise und segensreich enden würde können, daher meinte sie sogleich in ihrer herzgewinnenden Weise und dem Abte freundlich zunickend: „Ihr mögt die Leute nur ruhig hier lassen, hochwürdigster Herr Abt, so die¬ elben mit der Absicht meines Hierseins etwas werden zu tun haben und meine Absicht ist eurer Weisheit, wie ich recht wohl merke, kein Geheimnis mehr!" „Gewiß nicht, edle Frau, lächelte der Abt und bot Frau Rosamunde einen Sitz an, „warum sollte ich es nicht wissen, was der ganze Gau so rühmend sich er¬ zählt, daß, wo das Grimmen Ritters von Losenstein starke Faust unbedacht ein Uebel hat getan, dessen Ehegemahl dieses Uebel hernach mit hohem, echten Frauen¬ sinn in Gutes will verwandeln? Und um das handelt es sich hier wohl, edle Frau?“ „Ei freilich, müßt mich darob aber nicht loben, Herr Abt — kann ich euch behilflich sein, die Tränen der Dirne da zu trocknen? Es ist doch Tina, die Tochter des gelben Tobias, also ein wenig von Losenstein?“ „Diese Tränen wird wohl die Zeit am besten ganz versiegen machen,“ erwi¬ derte der Abt ruhig und strich leicht den stark ergrauten Bart, „das Mädchen ist wirklich Tina, eure Leibeigene, edle Frau und weint, da der edle Herr von Losen¬ stein ihr Glück mit einem Schwerthieb
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