Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1918

denken war. Der ganze Maierhof lag in Trümmern und die Flammen züngelten nur mehr aus den öden Räumen hervor, wenn sie augenblicklich nach Brennbares ergrifsen hatten. Nur draußen, am Dreschplatze, brannte noch eine Getreide¬ auch sie trifte wie eine Riesenfackel — war verloren und der Abt sah tränen¬ den Auges mit Kummer und Entrüstung das schönste Klostergut vernichtet. „Fürwahr,“ sagte er endlich sich zu¬ sammenraffend und wandte sich zum Pater Prior, der gleichfalls in stummen ist Schmerze dastand, „der Losensteiner teuer zu bewirten — das kalte Mittag¬ essen hat er sich gründlichst aufgewärmt!“ „Gott segne ihm die Mahlzeit!“ murmelte, der Prior zwischen den Zähnen, st „der Herr verzeihe ihm die Sünde, viel Getreide und Vieh in roher und übermütiger Weise verbrannt zu haben — das sollte doch bestraft werden, solcher Frevel!“ „Besserrecht leiden, als Un¬ recht tun,“ gab ihm der Abt zur Ant¬ wort und wandte sich zum weggehen. „Gewalt geht vor Recht und in Garsten wird's wohl nicht anders sein, als überall!“ Und stumm schritten die beiden wieder heim ins Kloster: IV. Einige Wochen nach dem Brande des zwei Maierhofes traten vormittags Frauen in die Garstener Klosterkirche knieten in der vordersten Bank nieder und hörten andächtig die heil. Messe, welche der Abt eben am Hochaltare las. Beide Frauen waren in dunklen Gewändern und die vornehmere, reicher gekleidete, welche in ihrem Auftreten sofort die Edelfrau verriet, trug um den Hals eine Schnur prachtvoller Perlen mit edelsteinbesetztem Kreuze von sauberer venezianischer Ar¬ beit, und daher von großem Werte. Die links neben ihr knieende zeigte in Kleidung und Haltung die bessere Dienerin, die sie auch war. Es war die Kammerfrau und sie begleitete ihre 4187 Herrin, die edle Frau von Losenstein, heut morgens über die Enns herüber nach Garsten. Frau Rosamunde von Losenstein war ohne Wissen ihres Gatten, welcher die Enns aufwärts auf die Pirsche geritten war und wohl vor ein paar Tagen nicht zurückkommen konnte, im Kloster Garsten in gar wichtiger Sache erschienen. Sie war über die Handlungsweise ihres Gemahls am Maria Geburtstage tief empört und in großer Besorgnis und schämte sich derselben derart, daß sie in echt Frauenhafter Weise beschloß, ver¬ mittelnd und versöhnend einzugreifen und gut zu machen, was eben noch gut zu machen war. Ihr waren Auftritte und Gewalttätigkeiten seitens ihres Gemahls nichts neues oder gar verwunderliches, so geberdeten sich die Adeligen jener Zeit fast alle. Aber sie war eine Edelfrau im besten Sinne des Wortes und linderte die durch die Willkür ihres zornmütigen Gatten verursachte Not und das Elend nach Kräften, ohne daß ihr Gatte davon erfuhr und machte viele Seufzer leiser verhallen, manchen Fluch auf den Lippen derer verstummen, die den rauhen Losen¬ steiner, ob seines wilden Gebahrens, zu verwünschen allen Grund hatten und ver¬ wandelte den Haß gegen ihren Gemahl durch ihr sanftes Wesen und ihre stets offene zu geben bereite Hand in Segens¬ sprüche für sie und ihre menschenfreund¬ lichen Werke. Als der Losensteiner in den Maier¬ hof hineinstürmte war Frau Rosamunde — sie wußte noch in Steyr geblieben beiläufig, daß ein schlimmes Werk geschehen würde, das sie nicht zu ver¬ hindern in der Lage war und wollte es wenigstens nicht mitansehen. Wie entsetzt war sie aber, als sie noch am selben Abend erfuhr, was in „Halbgarsten“ ge¬ schen war und sie faßte sogleich den Vorsatz, irgendwie zu vergüten und zu lindern, was ihr Gatte in seiner Roh¬ heit und Rachsucht da wieder Böses getan hatte. Und nun war sie in Garsten und glaubte ihr Sühnwerk nicht besser ein¬

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