Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1918

184 hastig auf den Tisch stellend. „Bin guter Dinge, da ich gut zu essen und zu trinken hoffe! Heda!“ rief er dem Klosterbruder zu, der eben Speisen hereinbrachte, „be¬ eilt euch, mein Freund, denn ich habe erschrecklichen Hunger!“ Der Laienbruder stellte die Schüsseln auf die Tafel und der Abt wollte selbst von den Speisen dem Ritter vorlegen, allein dieser hatte dieselben betrachtet und und schob sie zurück. „Was,“ rief er und die Zornader schwoll ihm auf der Stirne, „kalte Speisen an Maria Geburt und noch dazu in Garsten, dem reichsten Kloster im Land? Blitz und Hagel, Herr Abt, wollt ihr mich beleidigen?“ „Verzeiht, edler Herr,“ wagte der Prior hin zu sagen, „es ist schon lange nach dem Essen und die Zeit der Vesper nahe, wir saßen eben heute länger an der Tafel als gewöhnlich, es kann daher nichts Warmes mehr da sein —“ „Oho,“ rief der Ritter gereizt durch diese Worte, „in Garsten brät und backt man an solchen Tagen die ganze Zeit — her mit einem warmen Braten und frischen Kuchen —.“ „Herr Ritter, ihr kamt unangesagt und spät,“ sagte sanft der Abt. „Hätten wir geahnt, daß ihr kommt, solltet ihr wahrlich nicht zu klagen haben. Ihr mögt uns daher diesesmal entschuldigen.“ „Warmen Braten will ich,“ schrie der Ritter erbost und schlug mit der Faust i auf den Tisch, daß es klirrte. „Habt ihr wohl gehört, Herr Abt?“ „Aber Hartneid“ wollte die Edel¬ frau ihn wehren. „Schweig,“ herrschte der Losensteiner seine Gattin an und trank abermals den mächtigen Pokal bis zur Neige. „Was soll das Zieren seitens des Abtes? Wenn ich auch manch' Hühnchen mit dem Kloster zu pflücken habe, bin ich nicht Gast hier und ein edler Gast? Und haben nicht meine Ahnen dem Kloster schon den Braten geschenkt, den ich warm haben will?“ Gewiß, gewiß, Herr Ritter,“ beeilte sich der Abt in seiner hilflosen Lage zu sagen. „Allein bedenkt doch, daß es augenblicklich schwer hält, euren Wunsch zu befriedigen! Wollt ihr und eure edle Frau Gemahlin euch nur ein kleines Weilchen gedulden, so soll euer Be¬ gehren erfüllt werden.“ Gewiß wollen wir ein Weilchen warten,“ sagte die Edelfrau und legte beruhigend ihre Hand auf ihres Gatten Schulter. „Mein Gemahl sieht es ja selbst ein —“ „Nichts sieht er ein,“ schrie der Lo¬ ensteiner erhitzt von den rasch genossenen Wein und sprang ungestüm von seinem Sitze auf. „Gar nichts sehe ich ein, als daß ich in eurem Kloster nicht gerne ge¬ sehen bin und daß man mir kalte Speisen¬ reste vorstellt, damit ich das Wieder¬ kommen vergesse! Aber ihr habt falsch gerechnet, Herr Abt, grundfalsch! Gottes Blitz! Ich will euch das Essen wärmen und dieses Mittagmahl heiß machen, so heiß, daß ihr euch die Mäuler daran verbrennen sollt! Komm!“ und er nahm seine überraschte Gemahlin an der Hand und zog sie hinter sich aus dem Saale. Starr vor Aufregung und Furcht standen der Abt und die Mönche. Aber schon im nächsten Augenblicke erscholl des Losensteiners heiseres Fluchen im Kloster¬ hofe, die Pserde wurden herbeigeführt und der Ritter hob seine Gemahlin auf den Zelter. „Wohin willst du, Hartneid?“ frug diese dabei erstaunt über ihres Gatten Beginnen. „Das Mittagessen will ich mir wärmen,“ schrie der Losensteiner im Auf¬ sitzen erbost. „Das Mittagessen wärmen, Gottes Zorn über diese geizigen Pfaffen! Halloh! Gute Mahlzeit, Herr Abt!“ Und er lachte dem Abt, der im Klo¬ sterhof erschienen war um seinen Gast zu beruhigen, hönisch zu, gab seinem Renner die spitzen Dorne in die Weichen, daß sich das edle Tier hoch aufbäumte und jagte aus dem Kloster, gefolgt von seiner

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