und um den störrigen Nachbar bei guter Laune zu erhalten, wurden demselben, wenn er Garstens Gebiet betrat, alle seinem hohen Range zukommenden Auf¬ merksamkeiten erwiesen. Trotzdem herrschte zwischen dem Losensteiner und den Gar¬ stener Mönchen eine Freundschaft au Kündigung — der Ritter vergaß aber oft das Kündigen und ließ seinem Un¬ und Uebermut dann freien Lauf, wie es ihm eben in den Sinn kam. So war auch jetzt über den Losen¬ steiner bittere Klage und der Abt war eben dabei, seine Klosterbrüder, die sick verschiedener Untaten des Losensteiners gegenüber beschwerten, zu beruhigen, als über die knarrend herabgelassene Zug¬ brücke des Klosters ein Reitertrupp hinüberstürmte in den Klosterhof hinein. Etwas unwillig hob der Abt den grau¬ haarigen Kopf und mit einem befehlenden Blick gab er einem der Mönche ein Zei¬ chen, daß er nachsehen sollte, was diese Störung bedeute. Der so aufgeforderte entfernte sich denn auch, kam aber rasch zurück und sagte achselzuckend: „Wenn man den Wolf nennt, so kommt er g’rennt — der Ritter Hart¬ neid von Losenstein ist samt hoch deren Frau Gemahlin und einem kleinem Ge¬ folge soeben angekommen und begehrt bewirtet zu werden!" „Garsten hat noch keinem Gaste die Tür verschlossen,“ unterbrach ihn der Abt ruhig, „Bruder Prior, führt den hohen Herrn samt hoch deren Gemahlin hieher und ihr, Pater Klemens, begebt euch in die Küche und trachtet Speis' und Trank herbeizuschaffen!“ Die so Beauftragten beeilten sich, den Befehlen des Abtes nachzukommen, allein an der Saaltür stießen sie bereits au den Ritter von Losenstein, der, ungestüm die Tür aufreißend, hereinstürmte. Sein hochgerötetes Gesicht und der etwas schwankende Tritt bewiesen, wie scharf er gefrühstückt hatte. Er trat rasch auf den Abt zu, blieb knapp vor ihm stehen, stützte sich ein wenig auf eine Stuhl¬ 183 lehne und sprudelte mit heiserer Stimme heraus: Grüß Gott, Herr Abt! Bin wohl nicht recht willkommen, he? Glaub's gerne, der Hartneid von Losenstein ist eben kein Betbruder! Na, keine Angst, bin nicht in fehdelustiger Stimmung, will nach Steyr zum Burggrafen, ist aber so verdammt heiß, daß ich von dem scharfen Ritt durstig und hungrig bin! Werdet wohl noch einen Humpen übrig haben?“ „Gewiß, Herr Ritter,“ erwiderte der Abt etwas erstaunt das aufgeregte Wesen des Ritters betrachtend und sich zwingend ruhig zu scheinen, „auch der Humpen mehr, wenn ihr's verlangt.“ „Gottes Blitz, wenn ich's verlange, und der Losensteiner schlug eine Lache auf, „natürlich verlange ich's und auch was rechtschaffenes zum Zubeißen — die Tafe ist wohl heut so reich gewesen, daß für einen einfachen Rittersmann noch etwas übrig sein wird.“ Der Losensteiner setzte sich bei diesen Worten ohne sich um seine noch ruhig an der Tür beobachtend stehende Gemahlin zu kümmern, auf den reichgeschnitzten Stuhl des Abtes, während dieser sich Frau Rosamunde zuwandte, sie ehrerbietig bewillkommte und sie zu einem Sitz an der Tafel neben ihren Gatten geleitete. In diesem Augenblicke brachte ein Laien¬ bruder zwei silberne Willkommkrüge mit Wein gefüllt und stellte einen derselben der Edelfrau vor, während der Prior den zweiten Krug dem Ritter reichte. „Heissa,“ rief dieser, den Krug hastig ergreifend und wohlgefählig die feine Zierarbeit desselben betrachtend, „Herr Abt, ihr habt Geschirr, wie an der Tafel des Herzogs! Na, ich bring euch's!“ Der Abt verneigte sich höflich gegen die Edelfrau und den Ritter und Frau Rosamunde meinte mit vielsagendem Lächeln: „Nichts für ungut, hochwürdigster Herr Abt, mein Ehegemahl ist etwas ausgelassen heute —“ „Was, ausgelassen,“ rief der Ritter, seinen auf einen Zug geleerten Krug
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2