182 sich den Schmuck „verehren“ und zeigte über das Geschenk große Freude, da sie ihren Eheherrn nicht in Harnisch bringen wollte. Tina, die nur auf den geeigneten Augenblick wartete, wurde vonder edlen Frau über die Herkunft des Schmuckes, ohne daß der Ritter es merkte, ausgefragt und da erfuhr Frau Rosamunde den Hergang der Sache, den sie ohnehin geahnt hatte und sie war sich darüber sogleich einig, diesen „Er¬ werb“ ihres Gatten irgendwie rechts¬ kräftig zu machen und den Schaden dem Juden zu ersetzen, denn ihm den Schmuck rückgeben durfte sie nicht wagen, wollte sie ihren Herrn und Gebieter nicht ernst¬ lich erzürnen, was bei ihm ohnehin leicht geschah, sie war es ja gewohnt, lose Streiche ihres Gatten nach Möglichkeit wieder auszugleichen. Es war gegen zwei Uhr nachmittags, als Frau Rosamunde zum Aufbruche mahnte, denn man wollte in der Burg zu Steyr noch Besuch machen. Herr Hart¬ neid schied nur sehr ungerne von dem guten Weine seines Leibeigenen, aber gegen den Willen seiner Gattin gab es manchmal auch seinerseits keine Einwen¬ dungen und so schritt er auf etwas wankenden Füßen hinaus, half seiner Ehefrau in den Sattel und ritt mit ihr gegen Steyr, den Schmuck in seiner Sat¬ teltasche vorsorglich hinterlegend. Der Weg wurde sehr einsilbig zurückgelegt. Als das edle Paar des Klosters Garsten ansichtig wurde, kam etwas Leben in den sehr still einherreitenden Losen¬ steiner. „Frau,“ sagte er zu seiner Gattin, „der Wein war verdammt gut.“ „Wie in allen deinen Schenken,“ lächelte Frau Rosamunde und streichelte mit der Gerte vom Hals ihres Pferdes eine Bremse ab. „Wollt's ihnen auch nicht raten, mir schlechten Trunk vorzusetzen,“ knurrte der Losensteiner, „aber diese Echtheit des Weines von vorhin hat einen Fehler, wenigstens für jetzt.“ „Das wäre?“ fragte Frau Rosa¬ munde und sah forschend ihren Ehemann an „Ich bin fürchterlich hungrig,“ sagte der Losensteiner, „geradezu entsetzlich hungrig, wir müssen im Kloster einkehren, da gibt's wohl was anständiges zum beißen.“ „Du bist wohl nicht recht bei Sinnen,“ meinte Frau Rosamunde, „wann kommen wir dann nach Steyr? Abends macht man doch keine Besuche.“ „Auf ein Stündlein kommt's wohl nicht an,“ erklärte der Losensteiner, „mit leeren Magen gehe ich nicht nach Steyr. „Gut,“ erklärte Frau Rosamunde nach einigem Nachdenken, „also eine Stunde, aber länger nicht und jetzt sputen wir uns, daß wir nach Garsten kommen.“ Und sie trabte an, nicht ganz zum Vergnügen ihres Gatten, den der etwas überreich genossene Wein träge gemacht hatte. Um diese Zeit saßen im Speisezimmer des Kloster zu Garsten, das ebenerdig gelegen, nach der Enns hinausging, Abt Nikolaus*) und einige ältere seiner Kon¬ ventuales noch bei Tische, der schon einige Zeit abgedeckt war, im eifrigsten Gespräche beisammen und besprachen ein¬ ige „brennende“ Tagesfragen, welche, wie schon so oft, Streitfragen mit dem Ritter von Losenstein betrafen, dessen Güter an jene des Klosters — vielfach in sehr ver¬ schlungener Weise — grenzten und zum Streite seitens des adeligen Herrn leider nur zu oft Anlaß gaben. Die Regierung des Abtes war für das Kloster Garsten sehr günstig und brachte der frommen Gemeinschaft viele Vorteile, daher Hartneid von Losenstein ein Hauptneider und Widersacher des Klosters war und sich manches zwischen ihnen strittige Klostergut auf oft recht gewalttätige und widerrechtliche Weise zu¬ eignete, mit dem Schwerte in der Faust das Kloster mußte dann nachgeben Nikolaus I. aus der adeligen Familie von Wenkher, Abt von Garsten vom Jahre 1565 bis 1599.
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