Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1918

171 N S Frau Brentanos Storche. Ein Silvestermärchen von A. Langer. Nachdruck verboten: Srau Malwida Brentano starte nach¬ Haus hinein, um seine Frau zu holen. 33) Als diese die Störche erblickte, erzählte s denklich auf die Reihe bläulich sie ihrem Manne, daß sie vor einigen zuckender Flämmchen des zierlichen Gas¬ Tagen geträumt habe, ein Storch klopfe kamins in ihrem lauschigen Eckzimmer. an ihr Kammerfenster und begehre Ein¬ Es saß sich so behaglich in dem traulich laß. Der Bauer nickte nur stumm dazu, durchwärmten Raume, während draußen dann lief er weg, um Reisig und Stroh der Winter mit dichtem Flockengeriesel zu holen, zog die lange Stalleiter aus seinen verspäteten Einzug hielt. Wieder dem Schuppen und machte sich voll einmal hatte man Weihnachten gefeiert, First Eifer daran, auf dem niedrigen und der letzte Tag des Jahres, der seines Bauernhauses ein Storchennest zu Silvester, war gekommen. bauen. Zwei Tage später hattendie Frau Malwida seufzte leise vor sich beiden Störchen von dem Nest Beitzer¬ hin, obwohl sie eigentlich gar keinen griffen und blieben darin. Als der Grund zum Seufzen hatte, denn ein Herbst nahte, zog das Storchenpaar gen gütiges Geschick hatte ihr alles in den Süden, um im Frühjahr wiederzu¬ Schoß gelegt, was sich eine junge, schöne, kehren. Seltsam — von jener Stunde an 715 lebensprühende Frau wünschen kann hatte der Bauer mit allen seinen kleinen ein entzückendes Heim in Gestalt einer und großen Unternehmungen Glück. Er stattlich und behaglich eingerichteten verkaufte vorteilhaft seine beiden Wiesen, Villa, Reichtum und einen ihr in inniger er vergrößerte sein Gut, schaffte sich Liebe zugetanenen Gatten, der darauf moderne landwirtschaftliche Maschinen an, bedacht war, Malwida jeden Wunsch von verkaufte den Ertrag seiner Felder mit den Augen abzulesen. viel Gewinn in der Stadt und erwarb Zwei Wünsche hatte Jeden ein Vermögen. Seine zahlreichen Kinder ihr, Frau Brentano, deren Erfüllung gingen in die Welt hinaus und machten wenigstens nach ihrer Ansicht, der Herr dort ihr Glück, darunter auch Frau Gemahl sich doch nicht so angelegen sein Brentanos Vater. Auch dieser erwarb ließ, wie sie es gewünscht hätte. Der ein ansehnliches Vermögen und konnte eine Wunsch war ein an sich herzlich daher seiner Tochter, als sie Frau Bren¬ unbedeutender, für ihren Gatten eigent¬ tano wurde, ein äußerst stattliches lich nur eine Kleinigkeit, und hing mit Heiratsgut mitgeben. Heimlich steckte er einem alten Aberglauben zusammen, der ihr kurz vor der Hochzeit ein paar Stroh¬ in der Geschichte der Eltern und Gro߬ halme zu, die aus dem alten Storchen¬ eltern von Frau Malwida wurzelte. nest von Großvaters Haus herstammten. Frau Brentanos Großvater, ein Das war eine Gepflogenheit, an der niedersächsischer Bauer stand einstmals man in Frau Brentanos Elternhaus fest¬ an einem linden Märzenmorgen vor der hielt, wenn ein Kind ins Leben hinaus¬ Tür seines Bauernhauses. Da sah er trat. ein Storchpaar heranfliegen, das sich in der Nähe des Hauses auf einer Wiese Heimlich hatte Frau Brentano aber gemütlich niederließ. Gleich lief er ins lange den Plan gefaßt, ihren jungen

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