Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1918

gebracht hat und der nach seiner im hiesigen katholischen Kasino erhaltenen Instruktion schon in der 2. Nummer dieses Blattes den unleugbaren Schöpfer des gegenwärtigen städt. Aufschwunges Herrn Waffenfabriksgeneraldirektor Jos. Werndl zu verdächtigen und die Erzeug¬ nisse der Fabrik herabzusetzen, also offen¬ bar den Lebensnerv der Stadt zu unter¬ graben suchte, was natürlich einen allge¬ meinen Sturm der Entrüstung nicht blos bei der liberalen Partei allein hervor¬ rief und den Gemeinderat zur Ueber¬ reichung einer Vertrauensadresse an Herrn Werndl veranlaßte, aber auch den Redakteur Auer zum Rücktritte zwang. Am 8. Jänner nachts um 11 Uhr entstand bei heftigem Oststurm und —100 in der Laterne der kupfernen Kuppel des „Stadtpfarrturmes“, wahr¬ scheinlich vom Rauchfange der Feuer¬ wächterswohnung aus ein Brand, der das in der Laterne gehangene Zügen¬ glöcklein zerschmolz und dann die ganze Kuppel bis in die Wächterswohnung herab vernichtete. Um 1 Uhr stürzte das Turmkreuz mit der Kuppellaterne auf das Kirchendach herab, durchschlug das¬ elbe, aber ohne den Dachstuhl zu ent¬ zünden oder das Kirchengewölbe zu be¬ schädigen. Der Sturm führte die Flam¬ men weit gegen Christkindl hinaus es war ein schauerlich imposanter An¬ blick. Am 16., 17. und 23. große Schlit¬ tenrennen auf den Stadlmayrseldern. Ertrag 1255 fl. zu wohltätigen Zwecken. Am 29. elegantes Eislauf¬ kostümfest auf dem Schwimmschul¬ teiche. Nachdem sich die Ablieferung der großen preuß. Armeegewehrbe¬ stellung vom Juli 1873 nunmehr bereits dem Ende nähert, ist nun von dort wieder anfangs Februar eine neue Bestellung auf 50.000 Karabinerge¬ wehre hieher gelangt. Am 16. Februar fand im Hochhauser¬ schen Saale in Reichenschwall ein sehr 157 besuchter kostümierter Bauern¬ ball statt. Am 13., 15. und 18. März fanden hier die alljährlichen Gemeinderat¬ ergänzungswahlen für 9 Ge¬ meinderäte statt Die Gewehrlieferung auf die große preußische Bestellung wurde am 31. März beendet, worauf wieder ziemlich viele Arbeiter entlassen wurden. Am 9. April war die Konstitu¬ ierung des neuen Gemeinderates und dann die Vizebürgermeister¬ wahl, welche wieder auf den liberalen Nägelfabrikanten Leopold Putz fiel. Hierauf las der Herr Bürgermeister M. Crammer eine Zuschrift des Herrn Waffenfabrikgeneraldirektors I. Werndl vor, worin derselbe seinen Austritt aus dem Gemeinderate erklärt, weil er einen Brief vom Redakteur Auer aus Wien und mit demselben auch einen Brief Zeilbergers an den Letzteren erhalten habe, in welchem Auer als angehender Redakteur der „Steyrer Zeitung“ zur Verdächtigung der Waffenfabrik förm¬ lich instruiert wurde (welcher Original¬ brief Zeilbergers auch vorgelesen wurde) und weil er also (Herr Werndl) unmög¬ lich neben einem Manne im Gemeinderate sitzen könne, welcher den Lebensnerv der Stadt untergraben wolle. Nun ging erst die Hetze los. Schon am 10. leider Katzenmusik von ein paar tausend Fabriksarbeitern auf dem Stadtplatze vor dem Zeilbergerschen Hause und am 19. Aufforderung sämtlicher Gemeinde¬ räte an Zeilberger zur Rechtfertigung oder Austretung und da keines von den beiden erfolgte, Weigerung der Majori¬ tät, ferners bei den Sitzungen zu erscheinen und am 7. Juni kam der Statthaltereiauftrag zur Auflösung des ganzen Gemeinderates. Der Baumeister A. Plochberger rbaut jetzt (April) nächst der Pro¬ menade 2 Zinshäuser, der Hausbesitzer G. Pointner 2 Zinshäuser in Ennsdorf, oberhalb des Bahnhofes, 1 im äußeren Ennsdorf.

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