Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1918

kaufspreis per Pfund zwischen 5 bie 10 kr., allgemein aber für die schöneren 6 kr. war. Auch Weizen und Korn sind von den höchsten Preisen im Mai pro Metzen 8 fl. 60 kr. und 6 fl. 60 kr. bereits gefallen auf 7 fl. 44 kr. und 4 fl. 87 kr. Am 15. Juli wurde die längst pro¬ jektierte Niedergrabung und Er¬ weiterung der zum Bahnhof führenden Straße in der Schönau und deren Durchführung durch den städt. Zimmerplatz von italienischen Arbeitern begonnen. Die Wiederverpachtung der städt. 4 Gefälle: Pflaster= und Brücken¬ maut, Markt= und Standelwag und Schwein=Verschleißrechen, welche in den 3 Jahren 1872, 1873 und 1874 der hiesige Bürger Josef Petten¬ berger gepachtet hatte, wurde nun für — weitere 3 Jahre — 1875, 1876, 1877 von Franz Lavrencic in Graz um jährlich 13.860 fl. gepachtet, um 603 fl. mehr als früher. Am Montag den 31. August fand hier ein großer Krawall von Waffen¬ fabriksarbeitern und anderem Pöbel statt, wozu die gerichtliche Delogierung einer übelbeleumdeten Arbeiterfamilie im Rie߬ schen, von einem Pächter bewohnten Feil¬ schmidhause Nr. 147 in der Sierninger¬ straße den Anlaß gab, der übrigens wegen der Lebensmittelteuerung schon längst ge¬ plant war, und von 7 bis 11 Uhr abends dauerte. Die ganze Gasse war bald un¬ durchdringlich mit Menschen angestopft und das Zerstörungswerk im genannten Hause begann. Alle Türen, Fensterstöcke, Balken und Gitter wurden ausgebrochen und sowie alle Möbel, selbst vom oberen Stockwerke, auf die Gasse geworfen, dort zertrümmert und zerrissen und vieles auch gestohlen, wobei besonders auch die Wei¬ ber halfen. Nachdem alles vernichtet und die Straße wegen Trümmern, Bettstroh und Federn kaum zu passieren war, und die Polizeiwache mit Steinwürfen zurück¬ getrieben worden, zog der ganze Schwarm unter Geschrei und Vortragung 153 von Fahnen aus zerrissenen Leintüchern und Frauenröcken nach Ennsdorf zu den Bräuern, um eine Ermäßigung der Bier¬ preise zu erzwingen, was auch von den¬ selben zugesagt wurde. Da aber mittler¬ weile um 9 Uhr 60 Mann Soldaten aus Garsten eingetroffen waren und auch be¬ kannt wurde, daß telegraphisch Militär bereits aus Linz requiriert sei, endlich auch der Waffenfabriksgeneraldirektor Werndl aus Stadlkirchen eingetroffen war, so wurden dann die Exzedenten bald zerstreut, und mehrere von der Polizei verhaftet. Um ½12 Uhr nachts kamen mittelst Separatzuges 280 Pioniere aus Linz an und begannen sogleich die Pa¬ trouillen. Das Bürgerkorps war wohl auch sogleich vom Bürgermeister einbe¬ rufen worden, allein es waren nur wenige Mann erschienen, und auch die Soldaten aus Garsten fühlten sich zu einen Angriff auf die große Masse zu schwach und besetzten nur die Straßen am Spitalberge und Enge. Am nächsten Morgen wurden dann von der Polizei unter Militärbedeckung 16 Exzedenten aus den Fabriken verhaftet und dem Am k. k. Kreisgerichte eingeliefert. 9. September verließen die Soldaten wieder unsere Stadt. Anfangs August begann auch Herr Josef Werndl auf seiner Voglsanginsel den Bau einer ganzen Kolonie von eben¬ erdigen Wohnhäusern für Arbeiter. Herr Ludwig Werndl, welcher schon im vorigen Jahre das Müllerhaus Nr. 2 zwischen den Brücken mit seinen Wasser¬ werken gekauft hat, um daselbst eine Messerfabrik zu errichten, will zu diesem Zwecke auch der Stadtkommune das daneben befindliche Wasserkunstge¬ bäude mit dem hohen Wasserturme ab¬ kaufen um dafür dann die städtische Wasserleitung in anderer Weise ein¬ zurichten. Der Kaufpreisanbot per 11.000 fl. wurde auch von der Stadtge¬ meinde bereits angenommen. Ein dringendes Bedürfnis für unsere Stadt mit den so zahlreichen Klassen kleinerer Beamter und Arbeiter ist eine

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