und im August wöchentlich 3= bis 400 Menschen weggerafft hatte, auch in den meisten Orten von Niederösterreich und selbst auch in mehreren Ober¬ österreichs aufgetreten ist, sind in Steyr nur ein paar choleraähnliche Fälle vorgekommen. Am 14. und 15. September Rudolfs¬ bahn=Verwaltungsratsitzung, wo aus Er¬ sparungsrücksichten die Auflösung der Generaldirektion beschlossen wurde, indem die Bahn noch immer eine Staatssubvention von jährlich über 4 Millionen Gulden braucht. Am 3. Oktober kam die kaiserliche Bestätigung des neuen Bürger¬ meisters und Mittwoch den 8. fand die Beeidigung durch den Statt¬ halter Baron von Wiedenfeld statt. Am 14. nach vorausgegangener hef¬ tiger Agitation der Klerikalen waren die ersten direkten Reichsratswahlen von den Landgemeinden des Bezirkes Linz=Steyr, wobei der hiesige „Krebsen¬ wirt“ Zeilberger gewählt wurde und am 20. bei der Wahl der Städte und Industrialorte wieder unser Gemeinderat Franz Wickhoff mit 700 vor 1072 Stimmen. Zu Ende Oktober bezog die Eisen¬ bahnbetriebsdirektion bereits das von Josef Werndl erbaute große Direk¬ tionsgebäude, und da wieder ein neuer Nachschub von Baubeamten aus Wien ankam, stieg hier die Wohnungs¬ not aufs höchste. Im ganzen Oktober schönes Wetter, daher doch der Wein nicht gar chlecht wurde und auch nicht wenig, aber Obst gar keines. Am 17. November wurde bei dem bereits aufgebauten Haupttrakte des Bürgerschulgebäudes mit der Dach¬ stuhlaufsetzung begonnen. Um dem heurigen sehr schlechten Jahre noch die Krone aufzusetzen, tritt auch noch in mehreren benachbarten Ort¬ schaften Ober= und Niederösterreichs die Rinderpest auf, weshalb der Vieh¬ transport gehemmt wird. 151 Am 1. und 2. Dezember wurde auch hier das 25jährige Regierungs¬ jubiläum unseres Kaisers gefeiert mit Fackelzug, großem Musikkonzert, Fest¬ theater und Gottesdienst mit Bürger¬ korpsparade und wurden das Konzerter¬ trägnis per 330 fl. und sonstige Ge¬ chenke per 500 fl. und 140 fl. an die Armen verteilt. Bezüglich der Fruchtbarkeit muß dieses Jahr als das miserabelste Jahr seit Menschengedenken genannt werden, und da auch die Vorjahre 1871 und 1872 keine gesegneten waren, so herrscht eine seit 1817 nicht erlebte Teuerung der Lebensmittel. Die allgemeine Staatslage, welche sich mit ihrem überschwänglichen Banken= und Industrieschwindel auch an¬ fänglich so rosig anließ, vernichtete fast gleichzeitig wie das Eis die Vegetation im Mai der große Börsenkrach. Hunderte von Banken und Millionären purzelten und die ganze industrielle 7 Tätigkeit wurde gelähmt, sodaß an die Stelle des höchsten Luxus und schein¬ baren Wohlstandes in wenigen Monaten der tiefste Verfall und bei der enorm gesteigerten Teuerung das größte Elend folgte. Es konnte daher auch die wahr¬ haft großartige Wiener Weltin¬ dustrieausstellung, welche vom 1. Mai bis 2. November dauerte, ihre volle Rechnung nicht finden, wozu auch das schlechte Wetter und die Cholera beitrugen. Die Kapitalsschulden der Stadtkasse sind in diesem Jahre von 146.079 fl. 13 kr. auf 215.054 fl. 13 kr., aber auch die 40% Gemeindeumlagen von den direkten Steuern auf 30.441 fl. 13 kr. ge¬ stiegen, wovon die Waffenfabrik allein für ihre 19 Gebäude und von ihrer Ein¬ kommensteuer 12.640 fl. 13 kr. bezahlt hat. 1374. In Steyr große Wohnungs¬ not; es fehlen noch mehrere neue Wohn¬ häuser.
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