Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1918

146 Wohnungen für zirka 130 Beamte mit 70 Familien, was aber ohne den Bau mehrerer Häuser nicht möglich sein wird. Es wurde nun in der Gemeinde¬ ratssitzung am 8. April der Bau von zwei Häusern im gegenwärtigen städtischen Zimmerplatze in Schönau auf Gemeindekosten beschlossen, wovon aber später wieder abgegangen und dafür der Bau eines großen Zinshauses au der wieder zu errichtenden Promenade (jetzt noch Wüste) beantragt wurde. Infolge des günstigen Standes unserer Staatsfinanzen und der seit 1867 augenfälligen Hebung des allgemeinen Wohlstandes ist das Silberagio am 19. März bereits auf 7½% gesunken. Am 13. und 14. April war der Generaldirektor Aichinger der Ru¬ dolfsbahn hier, um die endgültigen Anordnungen über den Platz zur Er¬ bauung des neuen Betriebsdirek¬ tionsgebäudes zu treffen und die zerfahrenen Meinungen der maßgebenden Persönlichkeiten zu einigen und das wirkliche Zustandekommen dieser seiner Idee zu ermöglichen, welche unserer Stadt jedenfalls einen bedeutenden Aufschwung in Aussicht stellt. Am 21. kam nun vom Verwaltungs¬ rate der Bahn die amtl. Verständigung über den Beschluß dieser Uebersetzung nach Steyr und am 23. April kam der k. k. Eisenbahngeneralinspektor Bischof in Gesellschaft des Herrn Werndl hier an Am 15. April begann Herr Franz Tomitz den Bau eines 3 stöckigen Hauses an der Bahnhofstraße. Endlich kam auch die durch gemeinde¬ rätliche Schuld verfahrene Promenade¬ angelegenheit und Ausgleichung mit der fürstl. Lambergschen Güterdirektion wieder in Fluß, indem der Gemeinderat die im Vorjahre verworfenen und jetzt weniger günstigen Bedingungen vom 10. Juni 1871: „Auflassung der eigenen Straße längs der Schloßmauer, deren Abgrabung und Verlegung der dortigen Brunnröhren in den Schloßgarten, Aus¬ füllung des Teiles des Schloßgartens zur Eröffnung der Straße außerhalb des Schlosses von der Promenade zur Berg¬ gasse und Schloßberge durch Weg¬ räumung der dortigen hohen Zwinger¬ mauern und Torturm und Zahlung von 3000 fl. für Aufhebung des Durch¬ passierungsservitutes durch das Schloß“ in der Gemeinderatssitzung vom 23. April angenommen hat. Nachdem ein Konsortium von 5 hiesigen Bürgern (darunter Bürger¬ meister Pöltl und Reichsrat Wickhoff) die schöne Hallersche Garten¬ realität Nr. 164 und 165 an der Pro¬ menade nebst dem nebigen Felde, zu¬ sammen 11 Joch um 40.000 fl. gekauft hat und davon der Stadtgemeinde und der Sparkasse den zur Erbauung von drei großen Zinshäusern nötigen Grund um 6 fl. per □e überläßt, so wurde auch der Bau der städtischen Häuser am 15. und des Sparkassahauses am 24. Mai begonnen und überdies stalten auch noch die obigen Besitzer der Gartenrealität ihre 2 gemauerten Stadel¬ gebäude in der Schweizergasse zu Wohn¬ häusern um. Am 2. Juni fand in der Vorstadt¬ pfarre bei wohl trüber aber doch schöner Witterung die Frohnleich¬ namsprozession statt, welche der Linzer Bischof F. J. Rüdigier abhielt und wurde gleichzeitig um 10 Uhr vor¬ mittags im Rathaussaale rückwärts im 2. Stocke für die in der Bildung be¬ griffenen altkatholischen Gemeinde hier von dem Wiener altkatholischen Seelsorger Dr. Kirzinger der Gottes¬ dienst mit Predigt, Messe und drei Trauungen, ganz nach katholischem Ritus abgehalten und dazu gleich der Rat¬ So haus=Frohnleichnamsaltar benützt. — ist also das Schisma in der katholischen Kirche, welches die gegen das Unfehl¬ barkeitsdogma anfänglich protestierenden deutschen und österreichischen Bischöfe durch ihre nachträgliche Unterwerfung verhüten wollten, dennoch ausgebrochen und nimmt sogar immer größere Di¬ mensionen an.

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