Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

432 Das Kunststück „Pfirsig zu stoßen, daß auf allen Dein Nam und Zeichen stehet“, ist vielleicht einer der vielen landwirt¬ schaftlichen oder gärtnerischen Scherze, denen man auch heute noch da und dort begegnet. „Nimm“, so heißt die Anweisung dazu, den Pfirsing=Kern, lege denselben in scharffen Eßig, laße ihn sechs Tage darinnen liegen, darnach nimm ihn heraus, mache Dein Zeichen mit einem Griffel hinein, wickle den Kern in ein Papier und stecke ihn, als dann wird auf allen Pfirsing, so auf dem Stamme wachsen, Dein Name oder Zeichen, oder was du sonsten mit den Griffel darauf gemacht hast, zu sehen seyn.“ In das gleiche Gebiet gehört die Anweisung, „daß auf einem Rosenstock fünferlei Farben Rosen wachsen“. „Um die Zeit, wann die Rosen anfahen zu sproßen, so bohre mit einer Ahl unter sich im Stamm bis auf den Kern, in denselben senke mit einem Federlein ge¬ sottene Presilien zum Löchlein hinein, in einen andern Stamm des Rosenstocks eine andere Farbe, und so fortan in andere mehr, bestreiche die Löchlein mit Mist, so hast Du die Farben, wie Du sie begehrest.“ Sogar schon ein Mittel „Wantzen zu tödten und zu vertreiben“ hatte man damals; man wußte, daß man die Hühner vor Füchsen und Geyern schüzen könne, indem man ihnen beider Lungen zu freßen gebe, und kannte „eine meisterliche Bienen=Salbe, daß die Bienen selber in den Stock flogen“. Ein Mittel gegen Bienenstich waren zerstoßene Pappeln, feuchte Erde oder Honig. Gegen Raupen im Kraute steckte man Hasenbeine mitten in den Kohlgarten, zum Vieh in den Stall kommt kein Wolf. „wenn man über die Krippen der Kühe, oder eines andern Viehes einen Wolfsschwanz hängt, ein Mittel, das auch die Fliegen im Hause vertreibt, und wenn man Flachs will, der wie Seide wird, so nehme man diesen, lege ihn umher in einem Keßel, schabe Seife, Alaun und gesiebte Asche unter einander, und lege eine Schicht um die andere alles in einen Keßel, gieß Wasser darauf, siede es mit einander einen halben Tag oder länger, hernach wasche es aus dem Trüben, haenge ihn an die Sonne, reibe und hechle ihn“. Will man erfahren, ob Wein Wasser bey sich habe, so nimmt man eine Birn und wirft sie in den Wein; schwimmt sie oben, so ist er gerecht, fällt sie aber zu Boden, so ist er verfälscht. Stark macht man den Wein, wenn er im Faß ist, daß er jähren soll, „so laß eine Spanen tieff Raum und gieß ein Maß Brandtewein in das Faß, daß er nicht hart hineinfalle, so jährt der Wein unter sich, bleibt süß und bekommt von dem Brandtewein solche Kraft, daß er stärker wird als andere Weine“. Sogar ein Mittel gibt es, daß eine Henne junge Hünlein ausbrüte, die alle Jahre ihre Farbe wechseln. Raben und Krähen kann man weiß machen, indem man ihre Eier mit Katzenschmalz einschmiert; Rüben zieht man groß und süß, wenn man den Samen vor dem Säen drei Tage in süß Wasser legt. „Item, bohre in eine zeitige Rübe ein Loch, fülle das Loch mit Rüben=Samen und über etliche Tage säe denselben.“ Das sind zum Verhältnis zu allem, was man als Beitrag zu den Haus¬ mitteln und der Volksmedizin ver¬ gangener Tage kennt, nur wenige Pro¬ ben daraus. Ob die Rezepte und An¬ weisungen sich auch heute noch da oder dort finden und bewähren, das weiß ich freilich nicht. Für unmöglich aber halte ich's nicht. Das Volk hat hier gerade einen zähen Glauben. 80 —

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