Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

□ □ □ □ □ 427 □ □ 7 10 SI6) □ S 8 S L 2A □ Kriegsverlobung. Seize von Adolf Thiele. meisten waren überhaupt schon damals In wieviel Ueberflüssiges hängt verflogen in die Winde, waren abgereist sich eigentlich der Mensch!“ und hatten nicht mehr geschrieben, und Franz Taubert wurde wieder einmal mit den anderen, die bei Kriegsaus¬ von diesem Gedanken durchdrungen, als bruch noch da waren, wechselte er nur er sich im Unterstande umsah. selten einmal eine Feldpostkarte mit Hätte er jetzt ein geschlossenes Zim¬ nichtssagenden Worten. mer, ein Feuer und ein Bett, dabei All diese flüchtigen Freuden hielten alles in Sauberkeit gehabt, er hätte dem Ernst des Lebens nicht Stand. sich weiter nichts gewünscht. Erst die Hier draußen, in Strapatzen und Not, Entbehrung zeigt, wie wenig wir da lernte man klar sehen. brauchen, hier auf dem feuchtem Stroh Da schossen sie wieder, das Krachen in kaltem, dunklem, zugigem Raum, auf der Granaten war auch hier im Unter¬ unbequemem Lager — da lernt sich das. stande zu hören. Mit wieviel Ueberflüssigen hatte auch Hier und noch mehr draußen in den er sich früher geschleppt in seinem ver¬ stets gefahrbedrohten Schützengräben gnügten Junggesellenleben, wie er es fühlte man so recht den Fluch des Völ¬ bisweilen nannte! kerhasses, der unsere Völker in den Franz Taubert war, ehe er zu den Krieg gestürzt Waffen gerufen wurde, Buchhalter ge¬ Und unwillkürlich stellte sich gegen¬ wesen. Besondere kaufmännische Befähi¬ über das Gegenbild, die Liebe, die gung zeichnete ihn nicht aus, Sprach¬ Sehnsucht nach einem Lebensgefährten, kenntnisse hatte er auch nicht, seine Zu¬ der innigen Anteil an uns nimmt. kunft würde also — das wußte auch er „Die Einsamkeit erschreckt einen!“ selbst — in bescheidenen Grenzen blei¬ sagte sich Franz Taubert. Daß er hier ben. Ein kleiner Privatbeamter, wie es im Unterstande allein war — die Ka¬ Hunderttausende gibt! meraden schliefen oder waren ausgegan Franz Taubert hatte jedoch sein Leben, gen— das bewegte ihn nicht sonderlich wie er und seine Freunde es nannten, aber daß er überhaupt niemand hatte genossen, er hatte Vereinen angehört, der seiner gedachte, der an ihn glaubte, hatte in lustigen Kreisen verkehrt, hatte dies berührte ihn schmerzlich. viele Geburtstage mit feiern helfen, Er hätte es anders haben können war immer leidlich elegant angezogen Aber gegen das Heiraten hatte er gewesen — aber wenn er nun die Bi¬ sich gesträubt. Seine Freiheit, sein ver¬ lanz zog von alledem, so blieb eine Rei¬ gnügtes Leben aufgeben müssen! he verworrener Erinnerungen ohne reine, Damals an jenem Montag, hatte er klare Bilder, es blieb der Gesamteindruck es am schärfsten herausgekehrt! Am eines großen Ueberflüssigen. Tage vorher hatte er an einem Aus¬ Wo waren seine Freunde, mit denen flug teilgenommen. In den Wald, auf's er die frohen Stunden geteilt? Die Land ging's.

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