Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

426 ich mich nicht mehr unter den Lebenden es mit ihm zu Ende ging, da quälten befinde. Dann verfügt euch zum Pfarrei ihn die Gewissensbisse aufs heftigste und der Laimgrubenkirche, die ich während so ließ er den Pfarrer zu sich bitten. meines Hierseins sehr lieb gewonnen Dem legte er ein reumütiges Geständ¬ habe, jedoch mit Bedauern bemerkte, das nis ab, und bat den würdigen Priester ihr Geläute alles zu wünschen übrig den noch immer bedeutenden Rest des läßt. Von meinem Gelde laßt dann Goldes an sich zu nehmen, um den eine neue schöne Glocke gießen, so täg¬ Wunsch des Verschollenen zu erfüllen lich zur Vesperzeit zu meinem Seelen¬ und dafür eine Glocke für die Laim¬ heile geläutet werden möge. Tut, wie grubenkirche gießen zu lassen. Und dann ich euch sage, Gott würde einen Treu¬ starb der Meister Michel. bruch an euch schwer bestrafen. Und Wie er es erbeten hatte, so geschal nun Gott befohlen es. Eine schöne Glocke ward gegossen. Der Fremde reiste ab und Michel be¬ Am Palmsonntag sollte sie zum ersten hütete den Schatz traulich. Das Jahr male geläutet werden. Als jedoch der ging vorüber, der Palmsonntag kam Messner den Glockenstrang kräftig an¬ ohne daß sein Mietsmann wieder er¬ zog, da erscholl erst ein lautes Gebrumm schienen wäre. Auch das zweite Jahr vom Turme, dann zersprang die Glocke. kam — aber vom Fremdling noch immer Das Volk aber bekreuzte sich und sagte keine Spur. entsetzt: Gott habe dem Schuster seine Da wurde Meister Knieriem nachdenk¬ schwere Schuld nicht verziehen, und ihn licher als je und steckte seine rote Nase verdammt. häufiger und tiefer in's Weinglas wie Der Pfarrer jedoch ließ die Glocke ehedem. Wenn nun auch dieses Jahr ver¬ vom Turme schaffen, um sie umgießen gangen sein würde, ohne daß der Frem¬ zu lassen. Der kluge Mann hatte längst de käme, sollte er da wirklich das schöne einen Gußfehler erkannt. Mittlerweile blanke Gold hingeben und gar nichts brach aber der Krieg los und es dauerte davon haben? Das wollte ihm nicht ein volles Jahr, bis wieder ruhige, ge¬ aus den Sinn und als der zweite Palm¬ ordnete Zeiten kamen. sonntag verstrichen, da war er mit sich Da wurde denn endlich der Guß vor¬ einig geworden. Er behielt den Schatz genommen. Die Glocke ward auf dem und lebte nun herrlich und in Freuden. Turme geschafft und wiederum am Ueberall, wo man einen guten Tropfen Palmsonntag ertönte hell ihre Stimme hell und rein durch die lenzlichen Lüfte schenkte, da war Michel zu finden und seine Nase spielte aus dem Noten be¬ und alle die Andächtigen fielen in die reits ins Violette und endlich gar ins Knie und beteten: „Gelobt sei der Herr! Blaue. Er hat sich des Meisters Michel erbarmt Das ging so einige Zeit fort. Aber und ihm seine schwere Schuld vergeben.“ einmal — er hatte des Klosterneubur¬ Und seit dieser Zeit hießen sie die ger Strohweins zuviel genossen, — Glocke den „Schustermichel“. Alle Tage da tat er einen schweren Fall, von dem ruft sie seitdem das gläubige Volk mit er sich nicht mehr wieder erholte. Als eindringlicher Mahnung zur Vesper. — Mein Lied. Was ich bang an Schmerzenskönen fand, Ob es auch nicht prunkt und blendend gleißt, Ist's in Edelherzen doch gedrungen Was ich sang Natur und Kunst zu preisen Was ich bot an traumdurchwehten Weisen mächtig angeklungen, Hat dort Saiten Aus der Schönheit Land Die kein Tod zerreißt! ... Franz Josef Zlatnik

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