Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

das Kapital durch die Verzinsung lang¬ sam anwachsen zu lassen, und erst unter Bürgermeister Franz Lang nahm das Interesse für das Krankenhaus einen mächtigen Aufschwung. Durch private Sammlung erzielten Fräulein Hedwig Werndl und Primarius Dr. Viktor Klotz bedeutende Summen, noch größer war der Erfolg der durch Bürgermeister Lang veranstalteten öffentlichen Sammlung. Die Oesterr. Waffenfabrik zeichnete einen größeren Betrag, wie sie auch jetzt einen bedeutenden Betrag für den Infektions¬ pavillon spendete. Weitere priv. Spen¬ den fanden sich ein und fast alle Wohl¬ tätigkeitsveranstaltungen standen im Zei¬ chen des Krankenhausneubaues. Durch alle diese Anstrengungen wuchsen die Mittel des Spitalbaufondes zu einer bedeutenden Höhe, sodaß im Jahre 1909 und 1910 zu den ersten Vorarbeiten und zur Ausschreibung eines Plan=Wettbe¬ werbes geschritten werden konnte. Dankbar muß ich hier wieder des Alt¬ bürgermeisters Lang gedenken, der an der Spitze des Spitalbaukomitees uner¬ wirkte. Gleichzeitig gebe ich müdlich meinem lebhaften Bedauern Ausdruck, daß diesem hochachtbaren Mann, der in der Erbauung des neuen, Krankenhauses sein Lebenswerk erblickte, es nicht ver¬ gönnt war, die Eröffnung des Baues zu erleben. Zu früh hat ihn uns der unerbittliche Tod entrissen. Die Begutachtung der eingereichten Pläne durch das Spitalbaukomitee, dem sich in eifrigster Arbeit Regierungsrat Dr. Brenner als medizinischer und Bau¬ rat Kämpf als bautechnischer Sachver¬ tändiger anschlossen, führte zur Ver¬ leihung des ersten Preises an den Ent¬ wurf des Architekten Hans Schimitzek aus Wien, der auch seitens des Gemein¬ derates mit der Ausarbeitung von Aus¬ ührungsplänen betraut wurde. Unter Bürgermeister Gustav Stalzer wurde weiter an der Aufbringung der Mittel gearbeitet und der Spitalbaufonds auf eine Höhe gebracht, die einen baldigen Baubeginn in unmittelbare Nähe ge rückt erscheinen ließ. Die nunmehr im Jahre 1912 erfolgte Prüfung der Kosten des Baues nach dem vorliegenden Entwurfe ergab leider Der ein niederschmetterndes Ergebnis: Bau hätte rund 1 Million 300.000 Kr. gekostet, während nur rund 700.000 Kr. vorhanden waren. Es blieb also nichts anderes übrig, als andere Wege einzu¬ schlagen. Vor allem wurde der Bau des Infektionspavillons ausgeschieden und Ver¬ auf spätere Zeiten verschoben. schiedene neue Entwürfe wurden vorge¬ 377 legt, die alle nicht recht befriedigten, bis endlich ein im August 1913 einge¬ langter Entwurf des Architekten Schi¬ mitzek entsprach, sodaß nach eingehenden Erhebungen am 14. Oktober 1913 der Gemeinderat auf Grund des Berichtes des Vizebürgermeisters Fendt den ein¬ stimmigen Beschluß fassen konnte, den Bau nach dem vorliegendem Plane un¬ verzüglich zu beginnen. Nun begann regste Tätigkeit des Spi¬ talbaukomitees. Ungesäumt wurden die Ausschreibungen vorgenommen und be¬ reits im Jahre 1913 mit den Grund¬ aushebungen und der Herstellung der Betongrundfeste begonnen. Der äußerst strenge Winter 1913/14 unterbrach die Arbeiten, die im Frühjahre mit voller Kraft wieder aufgenommen wurden. Bis März 1914 waren alle Lieferungen, mit denen in ersterer Linie Steyrer Gewer¬ betreibende bedacht wurden, bereits ver geben und der Bau, nur kurz durch einen vorübergehenden Streik gestört, im besten Gange, als im Juli 1914 ein ungeheures Ereignis eingetreten ist: Der Weltkrieg brach aus. Konnte auch durch äußerste Anstren¬ gung der eigentliche Bau noch im Jahre so 1914 unter Dach gebracht werden, die waren der weiteren Ausfertigung den unglaublichsten Schwierigkeiten in die Weg gelegt. Oft schon glaubte man aber Vollführung in die Nähe gerückt, ein. immer wieder traten Zwischenfälle der Manchmal stockte das Fortschreiten Einrichtung wochenlang und nur dem zähen Zusammenarbeiten des Spitalbau¬ komitees, des Architekten und der äußer¬ sten Anstrengungen der Liefernden ge¬ lang es, aller Schwierigkeiten Herr zu werden. Heute sehen wir nun endlich das große Werk vollendet. In dankbarer Aner¬ die kennung gedenken wir aller derer. ihr bestes Können in den Dienst der guten Sache gestellt haben. Ein Haus der Menschenliebe ist hier entstanden, in dem jeder, ob arm, ob reich, Lin¬ derung seiner Schmerzen und, wenn menschliche Kunst es vermag, Heilung finden soll. Mit allen Errungenschaften, die der Geist des Menschen zur Hilfe für die ausgestattet, 12522 Leidenden erdacht hat, ein oll es nicht wie alte Anstalten ein Gegenstand des Schreckens, sondern Haus des Gesundens sein, gemäß dem Spruche, den ihm sein Entwerfer mitge hat: geben Was ist das höchste Glück auf Erden? Gesund sein? Ich sage nein. Das hochste Glück: gesund zu werden.

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