Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

die zweite Reihe: „SIMON VRNDORFER ZV STEIR HAT — AVS DEM FAIR BIN MICH GOSSEN ICH GEFLOSSEN“ Unterhalb dieser Inschriften befindet sich ein schöner Ornamentenkranz, weiters an der Ausbauchung 4 Heilige, St. Florian, St. Petrus, St. Simon und St. Bar¬ bara, sowie zwei Gedenkschriften: „H.— THOMAS — SOLLINGER — STATT¬ — H.— GEORG — EDLPOCK RICHTER — KIRCHAMBTS-VERWALTER“ und „H. — ROMBAVR — H. — JOHANN THOMAS LVDWIG — GEMINGER“ Trümmer dieser Glocke wurden Die herabgebracht und auf die Bahn geführt. Auf dem Stadtturm verbleiben nunmehr noch 4 Glocken, darunter auch die histo¬ risch wertvolle sogenannte Schweden¬ glocke. Mit schweren Gewitterwolken überzog sich der Himmel, sodaß man an diesem Tage nachmitt. in den Wohnungen und Bureaus in Steyr Licht anzünden mußte. Von fern grollte Donner und verein¬ zelte Blitze leuchteten auf. Plötzlich sie¬ Eisstücke, 825 len hühnerei= und faustgroße und alsbald folgte ein dichter dröhnen¬ der Hagelschlag, der fast fünf Minuten währte und den Beobachter erschauern machte. An allen west= und nordwest¬ wärts gelegenen Häuserfronten erklirr¬ ten die vom Hagel eingeschlagenen Fen¬ terscheiben und Ziegelstücke fielen von den Dächern. Es war ein Glück, daß die Katastrophe nicht länger dauerte und daß dazu kein Sturmwind ging. Seit Menschengedenken hat man in Steyr einen derartigen Hagelschlag nicht er¬ lebt. Auf den Straßen scheuten mehrere Pferdegespanne, ohne daß glücklicherweise ein Unfall geschah. Mehrere Personen trugen leichtere Verletzungen davon. Die Zahl der eingeschlagenen Fensterscheiben in der Stadt beträgt viele Hunderte. In der neuen Waffenfabrik wurden allein über 500 Fensterscheiben zertrümmert. Zahllose Fensterscheiben wurden auch in der alten Waffenfabrik, in der Reit¬ hofferschen Fabrik, in der Rederschen Bä¬ ckerei und in vielen größeren Gebäuden der Stadt sowie in fast allen Straßen eingeschlagen. Die Zahl der in der Stadt dem Hagel zum Opfer gefallenen Fen¬ sterscheiben beträgt ungefähr 30.000, der dadurch entstandene Schaden mindestens 50.000 Kr. Ein über faustgroßes Eis¬ stück, welches in der Spitalskystraße nach dem Hagelschlage gefunden wurde, wog genau 35 Dekagramm. Arge Verwü¬ stungen erlitten viele wetterseitig gele¬ gene Gärten in der Stadt sowie in 343 Ge¬ der Neuschönau und Jägerberg. müsebeete wurden teilweise vernichtet und ehr viel Obst wurde von den Bäumen geschlagen. Besonders stark mitgenommen wurden in der Umgebung die Gemeinden Garsten und Sankt Ulrich. 11. Josefine Choatlina aus Steyr hat ihre Reifeprüfung in St. Ursula zu Salzburg mit gutem Erfolge bestanden. Es starb an diesem Tage in Steyr Josef Rieser, Infanterist im JR. 14, in seinem 25. Lebensjahre. Der Ver¬ storbene war Beamter der Bezirkskran¬ kenkasse in Steyr. Bei der am öffentlichen Mädchenly¬ zeum in Steyr unter dem Vorsitze des Hofrates Dr. Josef Loos stattgehabten Reifeprüfung haben sich ein Zeug¬ nis der Reife erworben, und zwar Adele Gütig, Charlotte Renner und Marie Schmölzer mit Auszeichnung; ferner Ro¬ a Feichtmayr, Emilie Hampl, Karoline Honsak Lucie Harant, Christine Ka¬ par, Marianne Petz, Emma Stalzer, Hedwig Uranic und Marianne Weiß. 12. Buchbindermeister Karl Stiasny erhielt von seinem ehemaligen Gehilfen August Tunko aus Brür die Nachricht, daß derselbe mit dem letzten Transporte von Austauschgefangenen aus Rußland im Reservespitale eingetroffen sei. Aus dem Schreiben geht die Freude des Zu¬ rückgekehrten hervor, daß er aus der russischen Gefangenschaft losgekommen ist. August Tunko ging bei der allgemeinen Mobilisierung als Zugsführer eines IR. ins Feld, und zwar zuerst nach Serbien wo er durch einen Unterkieferschuß schwer verwundet wurde. Glücklich ausgeheilt, kam er sodann auf den russischen Kriegs¬ schauplatz, wo er durch einen Fußschuß verwundet wurde und in Kriegsgefan¬ genschaft geriet. Infolge seiner neuer¬ lichen Verwundung trug er leider eine Lähmung des verletzten Fußes davon was ihm die Rückkehr als Kriegsinvalide in die Heimat ermöglichte. Der eingetretene und die ganze Nacht über währende strömende Regen bewirkte von Mitternacht an ein rapides Steigen so der beiden Flüsse Enns und Steyr, in daß die Enns morgens die Kais Stadt Steyr, Ennsdorf und Ort über¬ flutete und der Wasserstandmesser einen Hochstand von 2.6 m zeigte (gegen 80 Zentimeter am Vorabend). Die Enns führte sehr viel Holz und Astwerk mit ich. Da der Regen von morgens an aussetzte, begann der hohe Wasserstand wieder langsam zurückzugehen. Die geachtete Maria Reichartzeder ist im Alter von 49 Jahren gestorben.

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