Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1917

312 gehaltenen Ansprache ein, in welcher er die Kriegsarbeit des „Roten Kreuzes“ beleuchtete und besonders die großar¬ tigen Leistungen der beiden Zweigvereine hervorhob. Der Redner schloß mit der Aufforderung zum Beitritte zu dem „Ro¬ ten Kreuze“. Das Konzert wurde mit dem Klaviervortrage „Phantasie in Es¬ dur“ von Reinhold durch Frau E. Pruck¬ müller eingeleitet. Die Vortragende ließ schon in den ersten Sätzen eine ausge¬ reifte Künstlerschaft erkennen, deren voll¬ endete Technik mit minutiösem Anschlag und allen Stimmungen sich anschmiegen¬ dem Vortrage keineSchwierigkeiten kennt. Ihr wuchtiges, ausdrucksvolles Forte besitzt männliche Kraft, ihr zartes perlenreines Pianissimo seelenvolle Wär¬ me. Mit glanzvoller, in allen Registern wohltuend ausgeglichener Stimme sang Künstlerin Ilg empfindungsvolle Lieder von Grieg, Marx, Wolf und Goldmark, am Klaviere von Fachlehrer Webern¬ dorfer mit künstlerischem Geschmack be¬ gleitet. Liedersängerin Ilg, die allen Ansprüchen genügt und mit ihrem lebens¬ vollen Vortrage wie durch ihre hohe Schulung und herrliche Stimmbegabung rief rauschenden Beifall wach. Als Vio¬ linkünstlerin von ganz bedeutender Größe wurde Frau Gröber=Neusser begrüßt. Ihr Vortrag des großen Konzertes in G-moll von Bruch war eine Meister¬ leistung, welche mit einem Beifallssturme quittiert wurde. Nach einer Pause sang Jilg, von Weberndorfer virtuos beglei¬ tet, „Ueber Nacht“ von Wolf und die prächtige Hallenarie der Elisabeth im „Tannhäuser“ von R. Wagner. Ueber riesigen Beifall sang sie noch Kienzls „Auf leifesten Sohlen“. In Svendsens Romanze und Hubays ungarischen Na¬ tionalweisen „Hejre Kati“ holte sich Frau Gröber=Neusser noch einen. Erfolg. Der weiche, seelenvolle Vortrag des ersteren und das temperamentvolle, bald schluch¬ zende, bald jubelnde Spiel des letzteren war von hinreißender Wirkung. Den Schluß machte Frau Pruckmüllermit dem Militärmarsch von Schubert, dessen, man möchte fast sagen pietätvolle Wie¬ dergabe die Künstlerin in ihrer ganzen Feinfühligkeit erkennen ließ. Auch ie erfreute die dankbare Zuhörerschaft mit einer freundlichen Zugabe. Für diese Ver¬ anstaltung gebührt den beiden Zweig¬ vereinen vom „Roten Kreuz“ die dank¬ barste Anerkennung, welche aber auch den Künstlerinnen für den uns bereite ten Kunstgenuß auszusprechen ist. 5. Für vorzügliche Dienstleistung vor dem Feinde wurde verliehen: Das Rit¬ terkreuz des Franz=Josef=Ordens am Bande des Militärverdienstkreuzes dem Oberleutnant=Auditor in der Evidenz der k. k. Landwehr Dr. Otto Kauer des LBK. 2 in Linz beim Rayonkommando Südtirol, und das Militärverdienstkreuz 3. Kl. mit der Kriegsdekoration dem Obersten Friedrich Edlen von Löw in Steyr. Es starb an diesem Tage in Steyr Katharina Papsch, Fabriksarbeiters¬ gattin, in ihrem 66. Lebensjahre. In Losenstein war die Beerdigung der Anna Reiter, Auszüglerin am Gspör¬ rergute. Sie stand im 77. Lebensjahre. Bei der Musterung der 18jährigen Schüler am Kollegium Petrinum in Gleink wurden 72 Prozent tauglich be¬ funden. Es entfallen 31 Schüler. Seit Beginn des Krieges hat das Petrinum dem Vaterlande 106 Soldaten gestellt. 6. Inspektor Hans Georg Lettner, k. k. Militärverpflegsoffizial in Trient, wurde mit dem Goldenen Verdienstkreuz mit der Krone am Bande der Tapfer¬ keitsmedaille in Anerkennung vorzüglicher und aufopferungsvollerDienstleistung ausgezeichnet. — Fähnrich Fr. Rieser erwarb sich in den Kämpfen am Col di Lana durch tapferes Verhalten vor dem Feinde die Silberne Tapferkeitsmedaille 2. Kl. Beide sind aus Steyr gebürtig. An diesem Tage starben in Steyr Julianna Freischlag, Dienstmagd, im Alter von 18 Jahren, ferner Engelbert Schöndorfer, Werkzeugschlosserin der Oesterr. Waffenfabrik, im Alter von 71 Jahren, und den Ertrinkungstod er¬ litt der vierjährige Knabe Josef Kut¬ chera, des Tischlers und Fabriksar¬ beiter Josef Kutschera. Er spielte mit einem Zwillingsbruder auf dem Rand des Wehrgrabenkanals, wobei er in das Wasser fiel und von der Strömung bis zum Turbinenhaus des Objektes 3 der Waffenfabrik getrieben wurde, wo er von einem Sanitätssoldaten aus dem Wasser gezogen wurde. 7. Dieser Tag war der letzte Ver¬ kaufs=und=Sammeltag der gro¬ ßen Opferwoche für das „Rote Kreuz“ Wieder betätigten sich zahlreiche Frauen und Fräuleins und die reifere Schulju¬ gend von Steyr, darunter auch die Schü¬ ler der Realschule und die Schülerinnen des Lyzeums eifrigst mit dem Vertriebe von „Roten=Kreuz“=Gegenständen“ wo¬ mit sie einen guten Erfolg erzielten. Von halb 11 bis halb 12 Uhr hielt die Bür¬ gerkorpskapelle vor dem Rathause eine Platzmusik ab, wobei unter Leitung des Kapellmeistersstellvertreter Herrn Kar¬

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